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Paris, Januar 2015. Teil 5.

Hier der Schluss der Geschichte „Chronik eines Massakers“, wie sie und die PRESSE und deren Redakteur Andreas Danzer dargeboten haben.

 

Freitag 9. Jänner 2015

ca. 9.00 Uhr In Seine-et-Marne, im Nordosten von Paris, überfällt das Brüderpaar Kouachi eine Frau und stiehlt ihren Peugeot. Anschließend kommt es zu einer Verfolgungsjagd und einer Schießerei mit der Polizei auf der Nationalstraße 2. Zwanzig Personen werden dabei verletzt. Die mutmaßlichen Attentäter entkommen erneut. Mittlerweile sind 88.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, um die beiden Männer festzunehmen.

 

9 Uhr, das ist mal eben 20 Stunden später. Seine-et-Marne befindest sich am äußeren nordöstlichen „Speckgürtel“ von Paris

Was ist geschehen? Diese Kouachi-Brüder, die angeblichen Täter von Paris, diese Vollprofis, scheinen ihre geplante Flucht aus Paris irgendwie nicht richtig geplant haben. Sie haben überhaupt keinen Plan, soviel wird klar. Und wo sie diese 20 Stunden Leerzeit verbracht haben sollen, ist uns nicht klar. Waren sie zu Fuß unterwegs gewesen? War ihnen ein Versteckspiel zu kindisch gewesen? Und warum wieder zurück nach Paris, nur um ausgerechnet dort auffällig ein Auto zu stehlen, als würde es auf dem Land keine geben? Die Polizei musste sich ja geradezu zwangsläufig dahinterklemmen.

 

ca. 10 Uhr Die Kouachi-Brüder verschanzen sich in einer Druckerei in Dammartin-en-Goële und nehmen eine Geisel. Die Region um die Druckerei wird großräumig abgesperrt. Fünf Hubschrauber kreisen über dem Gebiet, die Polizei hat das Gebäude umstellt. Das Handynetz wird in der Kleinstadt Dammartin-en-Goële abgeschaltet, die Schulen des Orts abgeriegelt. Anrainer werden aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben. Die Geiselnahme beeinträchtigt auch den Flugverkehr, da Dammartin-en-Goële nur 15 Kilometer vom Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle entfernt liegt. Zwei Landebahnen werden gesperrt, Flüge umgeleitet.

 

Hier nähert sich die Flucht der Kouachi-Brüder dem Ende, welches sie selbst denkbar unprofessionell herbeigeführt haben.

 

 

ca. 11.00 Als Hauptverdächtiger im Polizistenmord von Montrouge wird in französischen Medien der 32-jährige Amedy Coulibaly gehandelt. Er gehört derselben jihadistischen Gruppe an wie die Brüder Kouachi: Sie sollen Mitglieder der „Jihadisten von Buttes-Chaumont“ sein – die Gruppe nennt sich nach dem Park im Nordosten von Paris. Die Verbindung rekrutierte in der Vergangenheit immer wieder Jihadisten, die nach Syrien und Irak geschickt wurden.

 

Leider wird nicht erwähnt, wie dieser Täter als Amedy Coulibaly identifiziert wurde. Lustig auch, dass dieser Name in den Medien gehandelt wird, aber nicht bei der Polizei. Polizei und/oder Geheimdienst müssen es aber sein, die hier diese „Informationen“ von einer „Jihadisten-Gruppe“ an die Öffentlichkeit weitergibt, der ausgerechnet auch noch die Brüder Kouachi angehören sollen.

Wer schuf diese Verbindung?

 

13.00 Uhr Nahe der U-Bahn-Station an der Porte de Vincennes in Ostparis fallen Schüsse.

13.05 Uhr Ein mit einer Kalaschnikow und einer Skorpion-Maschinenpistole bewaffneter Mann überfällt den koscheren Supermarkt „Hyper Cacher“ an der Porte de Vincennes und nimmt dabei mehrere Geiseln. Die Polizei riegelt die Gegend großräumig ab und bezieht vor dem Geschäft Position. Der Geiselnehmer ruft den Polizisten zu: „Ihr wisst, wer ich bin!“

 

Ein Mann überfällt einen jüdischen Supermarkt. Er soll mit einer Kalaschnikow und einer Maschinenpistole der Parke Skorpion bewaffnet sein, eine Waffe aus tschechischer Produktion. Eine besondere Motivation für die Tat ist nicht erkennbar.

 

 

14.30 Uhr Die französische Polizei veröffentlicht einen Fahndungsaufruf nach Amedy Coulibaly, den man auch hinter der Geiselnahme im koscheren Supermarkt vermutet. Außerdem bestätigt die Polizei die Vermutungen, dass Coulibaly auch hinter dem Mord an der Polizistin stecken könnte. Die Ehefrau von Chérif Kouachi sagt gegenüber der Polizei aus, dass ihr Mann und Amedy Coulibaly in engem Kontakt zueinander stünden. Auch wird Coulibalys Freundin und angebliche Komplizin Hayat Boumeddiene, 26 Jahre alt, gesucht.

 

Die Polizei fahndet jetzt erst öffentlich nach Amedy Coulibaly, obwohl sie interessanterweise glaubt, ihn direkt vor der Nase in diesem Supermarkt umstellt zu haben. Das klingt eher nach Psydo-Öffentlichkeitsarbeit, um potentielle Hintermänner zum Verschwinden zu animieren, denn Polizeiarbeit ist dies definitiv nicht.

Die Polizei bestätigt auch Vermutungen über diesen Mann als möglichen Täter beim Polizistenmord, das heißt, die Polizei bestätigt ihre eigenen Vermutungen.

 

16.00 Uhr Anwohner des Supermarkts an der Porte de Vincennes, in dem Coulibaly mehrere Geiseln hält, werden von der Polizei evakuiert.

16.30 Uhr Es wird bekannt, dass der Geiselnehmer im koscheren Supermarkt die Kouachi-Brüder freipressen will. Er droht mit der Ermordung der Geiseln.

 

Hier ist nun aus der Vermutung, dass es sich um den Bewaffeneten um Amedy Coulibaly handeln könnte, eine Gewissheit geworden. Und die wurde gleich an die Medien durchgereicht. „Es wird bekannt…“ – wer immer was bei wem bekannt gemacht haben will, bei weniger oberflächlichen Menschen wurde demnach bekannt, dass es sich bei Coulibaly um einen Schwachkopf handeln soll. Denn er soll demnach besonders auffällig Geiseln genommen haben, um mit diesen die von der Polizei belagerten Brüder Kouachi zu retten – während er selbst eingekesselt ist.

 

 

ca. 16.50 Uhr In Dammartin-en-Goële sind Schüsse und Explosionen zu hören. Die Kouachi-Brüder, die sich dort mit einer Geisel in einer Fabrikshalle verschanzt hatten, waren zuvor aus dem Gebäude gekommen und hatten begonnen, auf die Einsatzkräfte zu schießen. Die Einheiten der Polizei beginnen mit der Befreiung der Geisel; Chérif und Saïd Kouachi kommen bei dem Zugriff um. Die Geisel überlebt unversehrt.

 

Die Kouachi-Brüder sollen nach dieser Schilderung gegen ein riesiges und schwer bewaffnetes Polizeiaufgebot die Entscheidung gesucht haben. Und den Tod, wozu die Polizei Hilfestellung leistete. Die Kouachis können nicht mehr befragt werden, Pech.

 

ca. 17.10 Uhr Auch an der Porte de Vincennes sind kleinere Explosionen zu hören. Die Polizei beginnt mit dem Zugriff auf den Supermarkt, in dem Amedy Coulibaly mehrere Geiseln hält. Coulibaly stirbt bei der Befreiung der Geiseln.

 

Diese Meldung ist nicht nur unglaublich unvollständig, weil auch nichts über die Geiseln berichtet wird, auch die Umstände der „Befreiung“ und des Todes von Coulibaly sind es wert, diese in der nächsten Zeit genauer zu betrachten. Auf jeden Fall ist auch dieser Täter tot, sogar richtig mausetot, und für Befragungen nicht mehr geeignet.

 

 

20.00 Uhr Der französische Staatspräsident François Hollande bestätigt in einer TV-Ansprache den Tod der mutmaßlichen „Charlie Hebdo“-Attentäter und Geiselnehmer Chérif und Saïd Kouachi sowie jenen Amedy Coulibalys, der hinter der Geiselnahme in dem Pariser Geschäft steht sowie verdächtigt wird, die Polizistin in Montrouge erschossen zu haben. Außerdem erklärt Hollande, dass bei der Geiselnahme in Paris vier Männer – allesamt französische Juden – von Coulibaly ermordet wurden; er bezeichnet dies als „furchtbare antisemitische Attacke“.

 

Blah-Blah á la Hollande.


Donnerstag
29
Januar 2015
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