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Syrische Flüchtlinge in Hittisau

 

In Syrien ist jeder Mensch mit seinem Leben bedroht. Sei es durch die direkte Konfrontation mit dem Krieg, durch Todesschwadronen, durch Terror. Selbst in den wenigen noch verbliebenen relativ ruhigen Gegenden ist die Bevölkerung einer ständigen Bedrohung durch Artillerieüberfälle und Autobomben ausgesetzt.

In Österreich dagegen ist es ruhig, dort herrscht Frieden und auch Wohlstand. Auf internationaler Ebene hält sich das Land politisch weitgehend zurück, auch wenn es als Mitglied der EU deren über den Staat Syrien verhängten Sanktionen mitträgt. Und vielleicht noch dies und das mehr…
Hittisau ist eine kleine Gemeinde mit rund 1.900 Einwohnern mitten im Bregenzerwald in Vorarlberg. Der Ort ist landwirtschaftlich geprägt und besitzt eine eigene Dorfsennerei. Mehrere klein- und mittelständische Handwerksbetriebe haben sich angesiedelt. Die vorhandene Infrastruktur mit Lebensmittel-, Kleider- und Sportgeschäften sowie einem Weltladen ist als gut zu bezeichnen, zumal die Gemeinde auch touristisch erschlossen ist. Zahlreiche Ferienwohnungen und Gästezimmer stehen für Gäste zur Verügung. Und wer sich gerne bekochen lassen möchte, kann gleich unter mehreren Haubenrestaurants auswählen.

www.hittisau.at

 

Als Ende 2014 das Bundesland Vorarlberg nach Unterkünften für Flüchtlinge suchte, hatte sich Manfred Felder aus Hittisau bei den Behörden gemeldet und seine Unterstützung angeboten. Herr Felder ist der Pächter des alten Gasthauses „Zum Goldenen Adler“ im Dorfzentrum von Hittisau, dessen Gastwirtschaft von ihm mit der Unterstützung der Kellnerin Sabine Dorner betrieben wird. Das Gasthaus besitzt im Obergeschoß eine Reihe von Gästezimmern, welche zu diesem Zeitpunkt nicht genutzt wurden.

Nachdem die Gemeinde das Angebot von Herrn Felder angenommen und die Caritas die Unterkünfte auf die vorgeschriebenen Anforderungen hin mit einem positiven Befund überprüft hatte, waren im Januar 2015 acht männliche Flüchtlinge aus Syrien in den „Goldenen Adler“ eingezogen. Deren Zimmer werden durch die Caritas finanziert, während für die Verpflegung die Flüchtlinge eigenverantwortlich sind. Das entspricht dem in Vorarlberg weitgehend übliche Modell. Die acht Syrer sind somit in der Lage, sich ihr Essen in der ihnen gewohnten Weise zuzubereiten. Das wird von ihnen selbst auch bevorzugt.

Bei den Flüchtligen aus Syrien handelt es sich um

Ya., einem Landwirt, dessen Familie noch in der Türkei festsitzt
Ba., von Beruf Seifensieder
Ad., Französischlehrer
Im., Tischler
Ach., Chemiker
Sh., Fernsehtechniker
sowie die Brüder Khalil und Yasan, von denen der Letztere in seinem Maturaabschlußjahr aufgrund der Kriegsumstände flüchten musste und daher leider über keinen Abschluß verfügt.

 

Hittisau-001Foto: S. Dorner

 

Sechs von den Syrern haben mittlerweile einen Aufenthaltstitel (Konventionsflüchtlingspass) und somit Zugang zum Arbeitsmarkt, zwei von ihnen befinden sich noch im Asylverfahren.

Spannend war zweifellos die Antwort auf die Frage, wie die Unterbringung von Flüchtlingen in Hittisau von den eher konservativen Einheimischen aufgenommen werden würde. Natürlich gab es die unterschiedlichsten Reaktionen und somit auch negative. Aber insgesamt sollte sich die Aufregung als nicht allzugroß darstellen.

Es zeigte sich, dass es sehr von Vorteil war, die Flüchtlinge nicht irgendwo an den Rand des Dorfes zu isolieren, sondern sie mitten in den Ort einzuquartieren. Dadurch bekam die Bevölkerung die Gelegenheit, die syrischen Männer, von denen nun zwei auf geringfügiger Basis im Gasthaus servieren, direkt kennen zu lernen. Das trug entschieden dazu bei, Vorurteile niederzureißen und einen Umgang zu pflegen, der so normal ist, wie alle Beteiligten es selbst sind.

 

Hittisau-002Foto: C. Nenning

 

Die Akzeptanz gegenüber den Flüchtlingen und deren Integration hatte dann gute Fortschritte gemacht. Aus der Bevölkerung wurden unter anderem Fahrräder gespendet, um die Mobilität der syrischen Männer zu erhöhen, Ausflüge wurden organisiert. Es gab sogar Anfragen für kleinere Arbeiten, womit die Syrer hätten sich ein wenig dazu verdienen können. Dies scheiterte aber trotz Arbeitsbewilligungen (sechs der Flüchtlinge) bislang an bürokratischen Hürden. Die Flüchtlinge, die alle fleißig an einem Deutschunterricht teilnehmen, hatten im Gegenzug bisher drei syrische Abende im Gasthaus gestaltet und jewerils ein syrisches Buffet gekocht. Diese Abende wurden erfreulicherweise von den Einwohnern in Hittisau äußerst gut besucht.

 

Hittisau-003Foto: S. Dorner

 

Tatsache ist allerding auch, dass der gute Verlauf vor allem dem persönlichen Engagement des Herrn Felder und auch der Frau Dorner zu verdanken ist. Die mobile Betreuung der Flüchtlinge erfolgt durch die Caritas nur zweimal die Woche. Die Hauptlast der Betreuung und auch der Verantwortung liegt bei Herrn Felder und Frau Dorner, die mittlerweile in der Gemeinde eine Arbeitsgruppe gebildet haben, um die Aufgaben ein wenig auzuteilen. Die Flüchtlinge benötigen nach wie vor Unterstützung bei den allgemeinen Abläufen, bei der Übersetzung, bei dem Ausfüllen von behördlichen Dokumenten usw. Da Herr Felder in seinem Gasthaus auch wohnt, ist er als erster und unmittelbarer Ansprechpartner für die Flüchtlinge immer präsent. Und die danken es ihm aus ganzem Herzen.

 

Christine Nenning

 

Hittisau-004Foto: S. Dorner

 

 

Mittwoch
12
August 2015
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