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Brüssel, März 2016 – Ein Kommentar. Teil 10.

 

Die Person Najim Laachraoui soll erst wieder am 9. September 2015 in Europa festgestellt worden sein. Hierbei handelte es sich um die oben erwähnte Polizeikontrolle an der ungarisch-österreichischen Grenze. Laachraoui, in Begleitung von Salah Abdeslam und Mohamed Belkaid, soll sich mit einem auf den Namen Soufiane Kayal lautenden falschen Pass ausgewiesen haben. Dabei habe es sich um eine belgische ID-Card gehandelt.

Als Erkenntnis wurde es allerdings erst am 21. März 2016 der Öffentlichkeit mitgeteilt – einen Tag vor dem Doppelanschlag in Brüssel.

https://www.tagesschau.de/ausland/paris-terror-101.html

http://deredactie.be/cm/vrtnieuws.english/News/1.2607146

 

Diese Geschichte der Sicherheitsbehörden wurde gerne in den Medien immer wieder nacherzählt, aber kein einziges Mal hinterfragt. Es war eine Geschichte, die für September 2015 keine Relevanz in sich trug, aber nachträglich für das Heute eine Bedeutung erhielt. Es ging um die Kenntlichmachung einer Zugehörigkeit der Personen Abdeslam-Belkaid-Laachraoui/Kayal als Gruppe bzw. als „Netzwerk“.

Über den Hintergrund dieser Reise wurde in den österreichischen Blättern – wie in dem meisten Massenmedien – nichts berichtet. Die belgischen Behörden hatten dazu allerdings auch nichts zu berichten gehabt.

 

Die Nacherzählung hatte sich im Zeitraum ab dem 21. März 2016 oberflächlich auf die polizeiliche Überprüfung an der österreichischen-ungarischen Grenze beschränkt und öfters nur am Rande berichtet, dass Abdeslam seinen angeblichen Komplizen Soufiane Kayal alias Najim Laachraoui vom Bahnhof Keliti in Budapest abgeholt haben soll. Die weitere Person im Fahrzeug, ein gewisser Mohamed Belkaid, wurde – wenn überhaupt – häufig nur als „Gesellschaft“ oder „Begleitung“ erwähnt.

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4952672/Brussel_Jagd-auf-den-dritten-Attentaeter

http://kurier.at/politik/ausland/terror-in-bruessel-was-man-ueber-najim-laachraoui-weiss/188.753.161

 

Dieser Belkaid soll aber ebenfalls von Abdeslam in Budapest abgeholt worden sein, doch hatte er nicht mehr die mediale Aufmerksamkeit erfahren, nachdem er am 15. März von einem Scharfschützen der Polizei im Brüsseler Stadtteil Forest („Vorst“) erschossen worden war.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/bruessel-verdaechtige-nach-missgluecktem-polizeieinsatz-gefasst-a-1082591.html

 

Nicht hinterfragt wurde, wo sich Laachraoui und Belkaid zuvor aufgehalten hatten und auf welchem Weg sie nach Ungarn und nach Budapest gelangt sein sollen.

Es existierten keinerlei Meldungen von Grenzüberschreitungen aus der Türkei oder den Balkan-Ländern. Erstaunlicherweise nicht einmal von der Einreise nach Ungarn, obwohl diese Grenze von den ungarischen Behörden wegen der Flüchtlingsbewegung besonders überwacht worden war. Ungarn hatte ab dem 1. September 2015 die Grenzen geschlossen und spezielle Schleusen eingerichtet. An der Grenze zu Serbien, welches nicht der EU angehört, war ein überwachter Zaun errichtet worden.

http://www.pressreader.com/austria/der-standard/20150902/281547994654542/TextView

 

 

Ungarn hatte sich damals der besonders von Deutschland kurzzeitig propagierten „Willkommenskultur“ nicht angeschlossen und war deswegen medial und politisch geächtet worden.

http://derstandard.at/2000021802938/Ungarns-Aussenminister-Solidaritaet-bedeutet-dass-wir-unsere-Grenzen-verteidigen

 

Die in einigen Medien gestreute und auch in Ungarn diskutierte Behauptung, dass Laachraoui und Belkaid die Flüchtlingsbewegung ausgenutzt hatten, um nach Ungarn „einzusickern“, ist vollkommen unbewiesen. Eine Registrierung an Flüchtlingsschleusen schien nirgends auf, wie es überhaupt keinen Beweis für Aufenthalte und Wege der beiden Männer gibt.

Von der Annahme ausgehend, dass beide Männer hatten unbemerkt in die EU einreisen wollen, so ist die Benutzung eines Zuges definitiv die schlechteste aller Möglichkeiten. In diesen wurde und wird ständig polizeilich kontrolliert, auch innerhalb der EU. Womit sich hier die Frage stellt, warum zumindest innerhalb Ungarns dieses Transportmittel gewählt wurde und warum es bis nach Budapest offensichtlich zu keiner Identitätsüberprüfung gekommen war.

Innerhalb der EU hätten sich Laachraoui und Belkaid mit ihren (angeblich falschen) belgischen ID-Cards als EU-Bürger ausweisen können. Außerhalb hätten sie allerdings Reisepässe benötigt. Doch: wo waren diese abgeblieben? Waren diese falsch oder echt gewesen? Warum schienen diese Dokumente nicht auf? Wir wissen nichts darüber. 

 

 

 

Erst nach der Ankunft am Bahnhof Keliti, wo viel Polizei konzentriert gewesen war, hätte eine Weiterfahrt mit einem Auto eine etwas unauffälligere Reise ermöglicht. Aber dennoch nicht ohne Risiko. Weder für die beiden angeblich konspirativ agierenden Laachraoui und Belkaid noch für Abdeslam als Fahrer eines ausländischen Leihwagens. Österreich hatte nämlich zuvor sogar öffentlich angekündigt, in einem Kampf gegen „Schlepper“ die polizeilichen Kontrollen an der Grenze zu Ungarn massiv zu verstärken und diese auch weit ins Landesinnere auszuweiten. (Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass diese Maßnahmen auch umgesetzt wurden).

So mag es etwas mit einer Zwangsläufigkeit zu tun haben, dass es am 9. September 2015 zu einer Polizeikontrolle an der österreichisch-ungarischen Grenze gekommen sein soll. Durch wen ist derzeit noch nicht ganz klar, weil Medien einerseits von ungarischer, andere Medien von österreichischer Polizei berichtet hatten.

 

Die beiden Männer neben Abdeslam sollen sich als Soufiane Kayal und Samir Bouzid ausgegeben haben. Deren Reisedokumente wurden von der Polizei trotz einer genaueren Überprüfung – diese wurden sogar kopiert – offensichtlich nicht als falsch erkannt.

 

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Es wurden in den Medien nur die Lichtbilder gezeigt, nicht die ID-Card. Die belgischen Ausweise beinhalten seit 2006 einen Chip, welcher allerdings – im Gegensatz zu Deutschland – keine Fingerabdrücke gespeichert hat.

https://en.wikipedia.org/wiki/Belgian_national_identity_card

 

Dennoch bleibt die Frage bestehen, wie der Chip innerhalb der ID-Card gefälscht worden sein könnte. Wer könnte überhaupt in der Lage dazu sein, derartige Identitätskarten, die fälschungssicher sein sollen, in perfekter Qualität herzustellen? Auch dies ist eine Frage, die nie gestellt wurde.

 

 

Freitag
27
Mai 2016
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