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Brüssel, März 2016 – Ein Kommentar. Teil 13.

 

Ein Najim Laachraoui hatte nie in der Öffentlichkeit gestanden, er war dieser vollkommen unbekannt gewesen. Plötzlich wurde er weltweit in den Medien präsentiert – als einer der Hauptverdächtigen der Pariser Attentate vom November 2015. Und das gerade noch rechtzeitig vor den Anschlägen in Brüssel, nämlich nur einen Tag zuvor.

Laachraoui war somit am 21. März medial platziert gewesen, um am 22. März nach den Attentaten von Brüssel ein zentrales Thema der Spekulationen zu sein. Der Überbau hatte sich unter anderem „Terrorzelle“ genannt, dessen Vehikel Abdeslam und mit Abstrichen der erschossene Samir Bouzid alias Belkaid gewesen waren. Einen konkreten Zusammenhang zu den Brüsseler Morden hatte es allerdings nicht gegeben, so sehr dies in den Medien förmlich herbeigeredet worden war.

http://www.leparisien.fr/faits-divers/attentats-du-13-novembre-najim-laachraoui-presume-artificier-nouvel-ennemi-public-22-03-2016-5648941.php#xtref=https%3A%2F%2Fwww.google.at%2F

http://www.rtl.be/info/belgique/faits-divers/qui-est-najim-laachraoui-alias-soufiane-kayal-le-suspect-le-plus-recherche-depuis-l-arrestation-de-salah-abdeslam–804019.aspx

http://www.oe24.at/welt/Bruessel-Terror-Polizei-sucht-nach-Verdaechtigen/228921657

https://www.raa5.com/de/nachrichten-aktuell_1_najim-laachraoui-diesen-terror-verdachtigen-sucht-die-polizei_251338

 

Die angebliche Identifizierung des einen vermeintlichen Selbstmodattentäters vom Flughafen Zaventem als eben dieser Najim Laachraoui durch die Polizei am 23. März muss trotz des kurzen Rätselreigens etwas Erlösendes an sich gehabt haben.

Am 21. März wurde die Identität „Soufiane Kayal“ als Najim Laachraoui identifiziert gemeldet.

Am 22. März wurde über dessen Rolle und über seine persönliche Teilnahme bei den Anschlägen in Brüssel spekuliert.

Am 23. März wurde er laut Behörden als einer der beiden Attentäter bei diesen Attentaten identifiziert.

Gegenüberstellung Kayal-Laachraoui 1

Diese Geschichte könnte auch anders klingen, obwohl sie die selbe ist:

Am 21. März war Najim Laachraoui mit Foto über den Behördenweg in allen Medien.

Am 22. März hatte sich dieser Laachraoui höchstpersönlich in Brüssel in die Luft gesprengt. Gleich am nächsten Tag.

Diese Leseart könnte für einen Augenblick vermuten lassen, dass Laachraoui sich aufgrund seiner Enttarnung zu einem besonders spektakulären Abgang entschieden haben könnte. Er allein – wer weiß? Doch sollen sich dieser Form zur Beendigung einer Verlierergeschichte seine angeblichen Komplizen binnen Stunden auch gleich angeschlossen haben? Etwa aus einer spontanen Solidarität heraus, vielleicht gepaart mit berufsverbrecherischer Frustration? Nach dem Motto: „Bringen wir uns auch um!“ Die Bomben müssten allerdings bereits gebaut gewesen sein.

Das ist natürlich Unsinn. Die Frage ist, ob es sich bei der Identität „Soufiane Kayal“ tatsächlich um Najim Laachraoui gehandelt hatte. Ob sich eine Leiche vom Flughafen wirklich als Letztere identifizieren ließ. Und ob Laachraoui medienwirksam für eine Rolle platziert worden sein könnte.

Die Behörden hatten nirgends berichtet, wie sie – und zu diesem Zeitpunkt: 20./21. März – zu dieser Erkenntnis gelangt sein wollen. Mehrere Medien hatten spekuliert, dass es mit der Verhaftung von Salah Abdeslam am 18. März zusammenhängen könnte.

 

 

 

Diese Idee ist auch nicht von der Hand zu weisen, denn Abdeslam könnte ja sofort ausgepackt und alles gestanden haben. Aber warum sofort? Warum seine angebliche Idee verraten und seine Komplizen augenblicklich ans Messer liefern, zumal diese vor einer „Aktion“ gestanden haben sollen? Warum sollte Abdeslam bei aller Konspirativität die richtigen Namen gewusst haben? Warum hatte er nicht auch alles andere verraten und zudem das Attentat verhindert?

Nicht nur die Behörden hatten nichts verlautbart, auch in dem Artikel „Terrorfahndung vor den Brüsseler Anschlägen – Vom Fischen im Trüben und kleinen Erfolgen“ war davon nicht die Rede.

„Salah Abdeslam hatte in einer ersten Vernehmung zugegeben, am 13. November in Paris dabei gewesen zu sein, er habe sich am Stade de France in die Luft sprengen wollen, es aber nicht getan. Warum ist unklar.

„Die nächste Information, die er uns gab, war, dass er bereit war, etwas vorzubereiten – von Brüssel aus. Das könnte der Wahrheit entsprechen. Das könnte stimmen, denn wir haben viele Waffen, auch schwere Waffen gefunden. Und wir haben ein Netzwerk um ihn herum entdeckt.“

Das sagte Belgiens Außenminister nach der Festnahme Abdeslams am vergangenen Sonntag, da hatten die ersten Verhöre des mutmaßlichen Attentäters von Paris stattgefunden.“

Demnach soll Abdeslam recht schnell soetwas wie ein Geständnis abgelegt haben, das heißt, das Gestehen eines mörderischen Vorhabens. Trotz eines Anwalts an seiner Seite. Doch warum kann jemand, der soetwas gestehen kann, nicht angeben, warum er das Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt hatte?

Diese wichtige Frage blieb somit unbeantwortet. Stattdessen die „Information“, dass Abdeslam geprahlt habe, die Bereitschaft zu haben, von Brüssel aus etwas zu planen. Allerdings war es vollkommen sinnlos gewesen, denn Abdeslam könnte zwar planen, wie er wollte, saß aber im Gefängnis. Außerdem wäre ein derartiges Gerede dazu angetan, seine eigene Position in der Strafverfolgung noch weiter zu verschlechtern.

Das alles war weder schlüssig noch glaubhaft. Interessant war an der Geschichte höchstens der Umstand, dass Brüssel als Örtlichkeit für Verbrechen eine Positionierung erfahren hatte – vor den Anschlägen daselbst.

http://www.deutschlandfunk.de/terrorfahndung-vor-den-bruesseler-anschlaegen-vom-fischen.724.de.html?dram:article_id=349133

http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-03/paris-attentaeter-salah-abdeslam-komplize-najim-laachraoui-polizei-ermittlungen

 

Ein weiterer Artikel vom 25. März gab einen etwas konkreteren Aufschluß. Nach diesem sollte Abdeslam bis dahin erst einmal verhört und ansonsten geschont worden sein. Interessant, dass dies zu einem – aus der Sicht Abdeslams – unnötigen Teilgeständnis geführt haben soll, zu mehr aber offenbar nicht. Ansonsten degradierte dieser Artikel das vorherige Mediengeschrei auf ein Minimum.

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-03/salah-abdeslam-molenbeek-adresse-polizei-bekannt

 

In diesem Sinne entstand unserer Auffassung nach auch an dieser Stelle der Eindruck, dass informationspolitisch das Täterumfeld und der Tatort vorgefertigt worden waren. Die oben erwähnte angebliche Prahlerei Abdeslams, um hier der einen offiziellen Geschichte zu folgen, musste demnach Informationen um die dann real folgenden Anschläge einschließlich der behördlich angegebenen Täter ausgeschlossen haben.

Kurzum: es gab und gibt keinen Hinweis darauf, dass der Name Laachraoui von Abdeslam ausgeplaudert worden sein könnte.

DownloadWer ist Salah Abdeslam? Ein nicht besonders schlauer Terrorist oder ein schlauer Nicht-Terrorist?

Allerdings ist die wirkliche Rolle von Salah Abdeslam nicht geklärt und die Möglichkeit, dass diese Person eine Doppelfunktion innehatte, nicht unwahrscheinlich. Letztlich muss diese Überlegung auch für die Identitäten „Soufiane Kayal“/ Najim Laachraoui in Betracht gezogen werden.

Die Frage bleibt bestehen: wie wollen die Polizeibehörden die letztgenannte Person identifiziert haben?

Montag
13
Juni 2016
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