Blog

Kunstkörper VII

 

Bei unserem letzten Gespräch mit der begandeten Künstlerin Ini K. äußerte sie ein gewisses Erstaunen über die hiesigen Verhältnisse. Obwohl die Stadt Wr. Neustadt keine 50 Kilometer von der Großstadt Wien entfernt wäre, hätte sie vor Ort fast ausschließlich ländliches Volkstum und geistige Provinzialität vorgefunden. Als wäre diese Stadt, so Ini K. weiter, resistent gegenüber Kultur und Bildung.

Panzerkettengerassel auf einer Durchzugsstraße, Anbiederungen an einen Haufen rechter Schreihälse mit US-Affinität, einen auf Bürger mit Migrantenhintergrund einprügelnden Stadtpolitiker wie auch mit Hundekot verschmierte Fahrzeuge von Kopftuch tragenden Bürgerinnen hätten sie unwohl fühlen lassen, beklagte sie sich. 

Ehemalige Bürgermeister, welche Phrasen dreschen, welche sie zuvor schon nicht verstanden haben, ungebildete Parteifunktionäre einer olivfarbenen Partei, welche einem Drohnenkiller huldigen und Wahlwerbung für ausländische Schwerverbrecher betreiben, Politiker in ewig gleichen Anzügen, die bemüht sind, im Interesse des Kapitals die letzte ansehnliche Ecke der Stadt mit einem hässlichen Hotel zu zerstören – natürlich im Namen der Zukunft, welche diese Leute in der Regel genau mit diesen Handlungen zerstören, und vermeintliche Kulturdarsteller, die nur diesen Namen verdienen, hatten Frau Ini K. uns aufsuchen lassen.

Sie habe sich, wie sie uns berichtete, auch an den gekünstelt lustigen Volksfestchen nicht mehr erfreuen können, auf denen sie nur Leute getroffen habe, die nichts zu sagen hätten, und auch nicht an der uninspirierten Blasmusik oder dem gezwungen wirkenden Trachtentag. Bemitleidenswerte Banalitäten in Schaufenstern, die von grinsenden Gesichtern als „Kunst“ angepriesen wurden, hätten sie eher an die Vergangenheit erinnern lassen, als der Banalität das Böse entsprungen war.

Wir müssen gestehen, dass wir uns ein wenig geschmeichelt fühlten dass, sich die begnadete Künstlerin Ini K. an uns wandte, um ihren Eindrücken die nötige Luft zu verschaffen. Da wir ebenfalls nicht auf den Kopf gefallen sind, empfahlen wir ihr, das zu machen, was sie am besten kann: ihre Wahrnehmungen in einem Kunstobjekt zu verarbeiten.

Bereits am nächsten Tag schaute Ini K. bei uns vorbei und präsentierte ihr Objekt, an welchem sie sich mit Leidenschaft befasst hatte: einen kunstvoll gearbeiteten symbolischen Stein.

 

stein-als-symbol

Stein aus biologischem Stoff mit Griff für den praktischen Transport. 

 

Wieder einmal zeigten wir uns beeindruckt von der einzigartigen Kompetenz dieser begnadeten Künstlerin, der es immer wieder so eindrucksvoll gelingt, den Stein Nagel auf den Kopf zu treffen. Chapeau!

 

 

Dienstag
18
Oktober 2016
This entry was posted in Blog, Neuigkeiten. Bookmark the permalink.

Comments are closed.