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Des Kaisers neue Kleider II. Teil 1.

Text und Fotos: „Arcimbaldo“

 

In Wahljahren erlebt man ja bekanntlich die seltsamsten Dinge. Und so wurde auch ich unlängst wieder einmal Zeuge einer dieser nun immer häufiger ausgerufenen Events, um den Bürgern das Gefühl zu geben, man würde das Thema „Innenstadtbelebung“ endlich ernst nehmen. An sich ja eine der am dringlichsten anstehenden Aufgaben der Stadtregierung, wird der derzeitige Zustand einer Art „Geisterstadt“ auch bereits von anderen Städten erkannt – und es wird sogar davor gewarnt.

 

Graz nicht wie WN 1

 

Unlängst daher wieder einmal großer Bahnhof in der unteren Neunkirchnerstrasse: Bürgermeister Klaus Schneeberger eröffnete auf großer Bühne eine als „Kunstausstellung“ bezeichnete Ausstellung im Rahmen der NÖ-Landesausstellung: „Kunst in Bewegung“ (Mai 2019 –Jänner 2020). Als feierliche Köder gab es dazu Livemusik, Freigetränke und Brötchen für alle.

Der Obmann der Wiener Neustädter Künstlervereinigung, Manfred Pfeiffer, und die Stadtkünstlerin Lisa Wolf sprachen einführende Worte.

Stets an Kunst interessiert und immer auf der Suche nach Erweiterung meines Horizonts, erwartete auch ich daher mit gewisser Neugier geduldig die Öffnung der Tore der Wiener Neustädter Sparkasse, in deren Räumlichkeiten die Ausstellung ausgerichtet ist.

 

Saal-3r

 

Ich schicke voraus, dass ich Künstler in ihrem Schaffen nur ungern kritisiere. Zu groß ist mein Respekt vor diesem Ringen um persönlichen Ausdruck und der intimen Suche nach Verdichtung der Welt, als dass ich dazu leichtfertig Stellung nehme. Kunst ist in ihrem Kern göttlich und in ihrer Vielfalt wunderbar.

In vorsichtiger Erwartung trat ich also ein… und sah zunächst dicht gehängte, grellbunte Leinwände, kitschige, dick-pastöse und mit Goldspray gelackte Montagen, ein merkwürdig unfokussiertes Photo vom Eingang des Einkaufzentrums Fischapark…. und überall weiße Schilder mit der Aufschrift: „Kunstwerke BITTE nicht berühren“.

 

Saal-2r

 

Nach einem ersten Rundgang nahm ich mal ein Achterl rot zur Brust; Verwirrung in mir: Was ist das hier? Ein esoterischer Weihnachtsbasar? Und vor allem: wo sind sie, diese unberührbaren Kunstwerke?….Haben wir es schon wieder mit einer Auflage von „des Kaisers neue Kleider“ zu tun?

Auch nach zwei weiteren roten Achterln konnte ich mir dazu keine wirkliche Antwort geben. In dunklen Ecken versteckt dann doch noch ein paar gute Bilder und Objekte die man als Kunst ansprechen kann, etwa von Lisa Bäck, Kurt Foit, Slava Muhrer und der schöne und sinnliche Schmuck von Susanne Ball u.a.……

 

Slava-Muhrerr

 

Der überwiegende Teil aber trieb mir die Tränen in die Augen. Ein wildes Sammelsurium aus blankem Kitsch, Effekthascherei und erbärmlich schlechten, gefühllosen Bildern, wie es in derart konzentrierter Form sogar im heutigen Kommerzgetriebe eher selten anzutreffen ist.

The modern world will not be punished. It is the punishment

Nicolás Gómez Dávila ( 1913-1994)

 

Obwohl ich in solchem Fällen für gewöhnlich von einer detaillierten Beschreibung Abstand nehme waren manche der zur Schau gestellten Werke dann in ihrer Erscheinung derart bizarr und rätselhaft, dass ich daran ging, deren Hintergrund näher zu beleuchten:

Da wären zunächst die großformatigen Schüttbilder eines Herrn Norbert Nakovich, IT-Spezialist am Landesklinikum, der seine Maltechnik allen Ernstes als eine Fließ- und Schütttechnik namens „panta rhei“ titulierte und der in einem WN-TV-Interview Folgendes zum Besten gab: „Ich kam 2006 zur Malerei und habe mir gedacht: Was die anderen so können, das kann ich auch!“ ( sic! )

Der Anblick seiner erratischen, kalt-.gefühllosen und grotesk überladenden Werke ließ mich bisweilen in Abscheu erschaudern und auch beim besten Willen konnte ich hier keine Verbindung zu Kunst entdecken.

 

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Gleich daneben eine großformatige Fotostrecke des ebenso effektverliebten wie Schwarz/Blau liebdienenden „Shootingstars“ der neuen vermeintlichen Kunstszene Franz Baldauf, der zunehmend versucht, seine an sich statischen Postkartenphotos durch merkwürdig schrille Effekte irgendwie aufzupäppeln – in dem meist hoffnungslosen Ansinnen, sie damit noch irgendwie zu Kunst zu erheben. Die Tatsache, dass die Dynamik einer Photographie in erster Line aus ihrer besonderen Komposition entsteht und nicht durch die übersteigerte Anwendung von Photoshopeffekten, scheint hier wenig Beachtung zu finden. Seine Photographien wirken aufdringlich und angestrengt künstlich, ihr Anblick irritierend und wahrlich kein Vergnügen.

 

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Die Verwesung der modernen Welt nicht zu spüren, ist ein Indiz der Ansteckung“.


Nicolás Gómez Dávila (1913 -1994)

 

Diese beiden, stark an vordergründigem Effekt interessierten „Künstler“ sind ganz besonders hervorgehoben und dominieren diese Schau, spielen sie doch einer sich selbst stets als „bunt“ bezeichnenden Stadtregierung für ihre Fassaden-Spiele perfekt in die Hände.

 

Donnerstag
16
Mai 2019
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