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Landesausstellung NÖ 2019: „Welt in Bewegung.“ Teil 2.

 

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Eintrittskarte mit Ermäßigung für Mitglieder des ÖAMTC (Symbolfoto).

 

Wir begannen mit den Kasematten, die das Thema „Mobilität“ beinhalten.

Der erste Bereich, „Mauergeschichten Kasematten“, war überschaubar. Hier Mauerwerk der Kasematte, dort hoch- und spät mittelalterliches Mauerwerk im Inneren des Südwest-Eckturmes. Eine Stimme erzählte dazu jeweils eine Geschichte, die via Projektion mit superteuren Hochleistungs-Beamern doch nur im Comic-Stil bebildert wrd, um der Entwicklungsstufe unterer Schulklassen zu entsprechen. Zumindest entstand dieser Eindruck.

 

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Ein Stück weiter geben in einem Seitengang vier Schautafeln über die Entwicklung der Stadtmauer an der Südwest-Ecke Auskunft.

 

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Aus irgendeinem Grund gibt es aber leider keine Draufsicht für das Jahr 1487/88, einem für die Neustädter Stadtmauer bedeutendem Datum. Statt einem Bauzustand zur Zeit der Belagerung, dem Beschuss und den Angriffen der Soldtruppen aus dem Heer von König Matthias von Ungarn, muss man sich mit einer Darstellung zufriedengeben, die auf das ereignislose Jahr 1530 datiert worden war. Diese war allerdings fast identisch mit der Situation 1487/88, nur der Umfang des Vorwerkes hatte sich etwas vergrößert. (Ganz abgesehen von den Gräben, Wällen und Vorfeld-Hindernissen). 

 

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Ein Laie erfährt hier nichts Grundsätzliches. Weder über städtisches Befestigungswesen allgemein und in ihren Epochen noch über die Anlage und Funktionen von Vorwerken im besonderen, um sich ein geordnetes Bild machen zu können. Die 1487/88 bestehende Stadtbefestigung war damals auf der Höhe ihrer Zeit gewesen. Um der gängigen Belagerungsartillerie etwas entgegensetzen zu können, waren der Stadt an den Ecken und vor den Toranlagen massive und mit Kanonen bestückte Vorwerke und Bollwerke vorgesetzt worden, geschützt durch zusätzliche Gräben. In den umliegenden Städten wie Wien, Sopron und Bratislava lassen sich diese ab etwa 1440 nachweisen. Für Wiener Neustadt fehlen aufgrund der nicht erhalten gebliebenen Kammer-Rechnungen die Quellen, von zwei, drei Erwähnungen nach 1460 an anderer Stelle abgesehen. Aber es wird in Wiener Neustadt nicht anders gewesen sein

Der Interessierte erfährt nichts genaues über den Verlauf der damaligen Belagerung und nichts über die Gründe für das Scheitern der Angriffe, weil die Befestigungsanlage mit ihren einzelnen Bestandteilen selbst nur ungenügend dargestellt wird. Es wird nicht erzählt, dass fast die gesamte Süd- und Westseite systematisch beschossen worden war, und es wird nicht erzählt, dass die Truppen von Matthias Corvinus weder über den doppelten Graben noch an den Vorwerken vorbei gekommen waren. Für die damalige Zerstörung des Vorwerkes, wie fälschlicherweise auf der Texttafel behauptet wird, gibt es nicht den geringsten Beleg. Das Gegenteil ist der Fall. Nach dem Chronisten Bonfini hatte der Bau zwei Wehrebenen besessen, dazu ausreichend Besatzung sowie Kanonen. Die untere Hälfte war nicht viel mehr als eine gemauerte Hülle gewesen, die mit Erde aufgefüllt worden war – und somit weitgehend sicher vor Kanonenbeschuss. 

Das Vorwerk war 1487/88 für damalige Verhältnisse offensichtlich schon sehr groß gewesen. Von Archäologen im Boden nur angeschnittene Mauerstrukturen ließen eine spätere Vergrößerung des Vorwerkes erkennen. Leider konnte der Bereich nicht genauer untersucht werden, weil der Forschungsauftrag gefehlt hatte. Unserer Ansicht nach wurde hier an der falschen Stelle gespart, denn es fehlt somit die genaue Befundung eines entscheidenden Wehrbaues.

Wir empfanden es als sehr ungenügend und schade, dass hier trotz neuer Erkenntnisse ein wichtiger Aspekt zur Stadtgeschichte beim Thema „Mauergeschichten“ derartig kurz und oberflächlich abgehandelt wird.

Wir verließen den Bereich und entdeckten in dem weiteren Gang eine Tafel an der Wand, welche unsere Aufmerksamkeit erregte.

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Diese beinhaltete fragmentierte Phrasen, als hätten verschiedene Leute an einem Tisch irgendetwas für eine Skizze beitragen wollen. Einzelne allgemeine Bestandteile, wie der angebliche „Austausch von Ideen“ oder die Koppelung von Begriffen wie „Bewegung“ und „Austausch“ mit „Beschleunigung“ sowie dem „Entdecken neuer Welten“, was eine „Beschleunigung“ doch eher ausschließt, wären in ihrer Oberflächlichkeit sicherlich diskussionswürdig. Aber darum geht es nicht, weil keinerlei Inhalt vermittelt wird und die Texttafel nichts weiter ist als Staffage.

Beängstigend empfanden wir die Form der angezeigten Sprache, eine Aneinanderreihung von losen Versatzstücken, zusammenhanglos, hohl und semantisch unsinnig. Und doch handelt es sich hierbei um die immer häufiger eingesetzte „Sprache“ der Neuzeit, die keine mehr ist, sondern nur noch ein Gebilde, welches ohne Inhalte nur noch auf symbolhafte Zeichen setzt. 

 

Fortsetzung folgt.

Mittwoch
02
Oktober 2019
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