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Das Klo von Wr. Neustadt

 

Jetzt also doch! Wr. Neustadt bekommt eine eigene Toilette.

 

 

Was dies mit Kultur zu tun hat?

 

In ästhetischer Hinsicht durchaus. Denn hier kann unterschieden werden: ist ein homogenes, historisches Stadtbild erwünscht, welches auch für Besucher ansprechend sein möchte, oder eher ein visuell häßliches Vorstadt-Szenario im Ostzonen-Look der 70er.

 

Besonders für das letztere Stadtbild wurde in den letzten Jahrzehnten viel getan. Alte, teilweise historische Substanz, die den Bombenkrieg überlebt hatte, wurde abgerissen, aber nicht homogen ersetzt. Die Grazer Straße, bereits vor den Kriegen von besonders weitsichtig kurzsichtigen Stadtregierungen als Durchzugsstraße einer kleinen Altstadt konstruiert, erhielt ihren DDR-Charakter. Das häßliche neue Rathaus konnte sich dort auf diese Weise problemlos eingliedern. Das Hochhaus des Krankenhauses gehörte schon früher zu den baulich antiästhetischen und fehlplatzierten Entgleisungen, das neuere Parkdeck hat die bis dahin nur noch geahnte städtische Schauseite an dieser Ecke entgültig vernichtet. Auf der Südseite der Stadt wurde durch den Abriß des alten Brauhauses und den Neubau der Leiner-Bauten ebenfalls bauliche Verbrechen veranstaltet, ein Stück weiter auch durch den Bau des EVN-Gebäudes.

 

Nach wie vor existiert der Plan, auch den Stadtpark mit dem Bau eines neuen Hotels zu versauen sowie beim Szokol-Park den letzten Rest eines dort vielleicht noch vorhandenen leidlichen Stadtbildes zu zerstören. Das Projekt „Noch eine Tiefgarage“ hat aber nichts mit dem Vorhaben einer angeblichen „Belebung“ zu tun, die auf der anderen Seite ohnehin systemathisch untergraben wird. Es handelt sich hierbei um ein reines Spekulationsobjekt für eine bestimmte Interessensgruppe auf Kosten der Steuerzahler.

 

So kann durchaus der Eindruck entstehen, dass der Bombenkrieg 1943/44 gar nicht notwendig gewesen wäre, um das Stadtbild von Wr. Neustadt zu zerstören. Denn das besorgen die jeweiligen Stadtregierungen Stück für Stück selbst.

 

Und nun das Klo auf dem Hauptplatz. In Anbetracht der anderen künstlich beigebrachten Schäden mag dies lächerlich klingen, denn der Umfang der geplanten öffentlichen Toilette ist recht gering, bietet nur zwei Sitzplätze und mehrere Stehplätze. Und das für kolportierte „nur“ 166.000,- Euro. Erst einmal, natürlich.

 

Die Idee, dieses WC neben einem zentralen Punkt des Hauptplatzes, der Mariensäule, errichten zu lassen, ist wie die nicht gezogene Option: unterirdisch. Dass dieser Standort nun wirklich schlecht gewählt ist, müssen die Entscheidungsträger allerdings geahnt haben. Deswegen haben sie sich auch eine verspiegelte Anlage andrehen lassen, in der Meinung oder wenigstens in der Hoffnung, dass diese Verspiegelung das Klo quasi unsichtbar machen würde.

 

Leider wird das nicht funktionieren, denn auch ein verspiegelter Glasbau wird sichtbar bleiben. Und erst recht an einem Platz, wo er fremder nicht sein kann. Die Entscheidungsträger versuchen dies nun ihrer Bevölkerung als „Integration“ zu verkaufen. Wie das funktioniert? Es wird behauptet, dass diese öffentliche Toilette mit der häßlichen Bushaltestelle nebenan eine integrierte Einheiten bilden wird. Und tatsächlich, gemäß der eigenen Vorstellungskraft zufolge, scheint diese Behauptung durchaus stimmig zu sein.

 

Weil dies alles allerdings Unkultur bedeutet, hat es logischerweise wieder mit Kultur zu tun. Es ist traurig, dass die Stadt wieder nicht in der Lage war, eine bessere und ansprechende Lösung zu finden, für die es durchaus Überlegungen gegeben hat.

 

 

 

Donnerstag
19
September 2013
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