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Paris, Januar 2015, Teil 4

Hier die Fortsetzung der „Chronik eines Massakers“ von Andreas Danzer in der korrigierten und bis zum 12. Jänner 2015 ergänzten Online-Ausgabe der PRESSE.

Donnerstag 8. Jänner 2015.

ca. Mitternacht Die französische Polizei nennt erstmals die Namen der Verdächtigen in einem Fahndungsaufruf: Die Brüder Chérif, 32 Jahre alt, und Saïd Kouachi, 34 Jahre alt, werden als mutmaßliche „Charlie Hebdo“-Attentäter gesucht. Die Franzosen Chérif und Saïd Kouachi stammen aus Paris und sind die Söhne algerischer Einwanderer. Die Identifizierung gelingt den Behörden durch einen groben Fehler der Brüder: In einem Fluchtauto fand die Polizei einen Personalausweis.

 

 

Es wurde somit bereits gegen Mitternacht vom grandiosen „Fund“ des Personalausweises berichtet. Der Name wird im Artikel nicht genannt: Said Kouachi. Es wurde ein Fahndung eingeleitet, die auch Chèrif Kouachi, den Bruder, beinhaltete, obwohl dessen Ausweis nicht gefunden wurde.

 

ca. 1.00 Uhr Ein mutmaßlicher Komplize der als Haupttäter verdächtigten Brüder stellt sich in Charleville-Mézières, einem Ort nahe der belgischen Grenze, der Polizei. Der 18-jährige Mourad Hamyd wird dort festgenommen. Zuvor kursierte sein Name im Zusammenhang mit dem Attentat in sozialen Netzwerken. Hamyd ist der Bruder von Chérif Kouachis Ehefrau. Am Freitag wird Hamyd wieder freigelassen, da er beweisen kann, dass er den ganzen Mittwoch in der Schule verbracht hatte.

Dies erscheint unwichtig.

 

ca. 8.00 Uhr Ein Mann in schusssicherer Weste und mit umgeschnallten Patronengürtel eröffnet im im südlichen Pariser Vorort Montrouge mit einer Kalaschnikow das Feuer auf zwei Polizisten, die gerade einen Verkehrsunfall aufnehmen. Eine 27-jährige Polizistin stirbt dabei, ein Straßenreinigungsmitarbeiter wird durch eine Pistolenkugel schwer verletzt. Der Angreifer kann fliehen.

 

Diese Meldung wurde hinzugefügt, ohne dass hier ein Zusammenhang zwischen den beiden Fällen ersichtlich wäre. Dazu erscheint diese Schilderung krotesk. Da soll also ein Mann mit einem Sturmgewehr (natürlich „Kalaschnikow“) unterwegs gewesen sein, um dann wie unmotiviert plötzlich auf Polizisten zu schießen, die zufällig bei einem Verkehrsunfall herumgestanden sind – und somit vollkommen planlos. Ein Straßenreinigungsarbeiter soll schwer verletzt worden sein, allerdings durch eine Pistolenkugel, was als Schützen offenbar auf einen Polizisten hinweist. Benannt wird dies aber nicht.

 

ca. 13.00 Uhr Die „Charlie Hebdo“-Tatverdächtigen überfallen in der Nähe des nordfranzösischen Orts Villers-Cotterêts eine Tankstelle und stehlen Benzin und Essen. Anschließend setzen sie die Flucht fort. Der Tankstellenbesitzer identifiziert die bewaffneten Männer.

 

Siehe oben. Männer, die als „Tatverdächtige“ bezeichnet werden, überfallen unmaskiert eine Tankstelle unter Videoüberwachung und vor Zeugen. Als hätten sie keinen einzigen Groschen mehr in der Tasche gehabt. Das nennt man eine schlechte Vorbereitung, oberflächlich betrachtet. Tatsächlich ist dies nicht nur an Hirnlosigkeit zu unterbieten, sondern es steht in einem absoluten Widerspruch zu dem Attentat in Paris, bei dem die Täter definitiv nicht erkannt werden wollten.

Ebenso auffällig ist der Umstand, dass diese „Täter“ in 24 Stunden nicht weit gekommen waren. Und dann sollen sie auch noch unter Benzinmangel gelitten haben. Es ist also überhaupt nicht bekannt, wer hier wo in der vorherigen Zeit abgeblieben war.

Diese Episode ist bereits derartig blöd, dass es geradezu nahe liegend ist, dass die Typen, welche die Tankstelle überfallen haben, nicht das Attentat in Paris verübt hatten.

 

ca. 19.00 Uhr Die Brüder haben offenbar ihr Fluchtauto verlassen und sollen sich nördlich von Paris befinden. Ein Polizeigroßaufgebot habe vor dem Wald von Longpont Stellung bezogen – nahe der Stadt Villers-Cotterêts, wo die Verdächtigen zuletzt gesichtet wurden. Der Wald von Longpont liegt nordöstlich von Villers-Cotterêts und erstreckt sich über gut 13.000 Hektar. Die Polizei konzentriert ihre Suche auf ein Gebiet von rund 20 Quadratkilometern rund um die Stadt, zahlreiche Häuser werden durchsucht. Zwischenzeitlich wird bekannt, dass über neun Personen aus dem Umfeld der Tatverdächtigen eine Untersuchungshaft verhängt wurde.

 

Das ist ganze 6 Stunden später. Natürlich sollen sich die vermeintlichen Täter bei der Stadt Villiers-Coterets befinden, schließlich hatten diese keine Mühe gescheut, um dort auf sich aufmerksam zu machen. Sie haben alles getan, um die Polizei zu unterstützen. Das aufgetankte Fahrzeug sollen sie dann angeblich abgestellt haben, was den Tankstellen-Überfall noch sinnloser erscheinen lässt.

 

ca. 21.00 Uhr Der Einsatz im Wald von Longpont scheint bereits wieder beendet zu sein. Die Polizisten würden wieder abziehen, das Ergebnis sei nicht bekannt, meldeten „Le Monde“ und „Le Figaro“.

ca. 22.30 Uhr Die ganze Nacht sind fünf Hubschrauber mit Wärmebildkameras im Einsatz, um die mutmaßlichen Täter zu finden.

 

Die Polizei nimmt also an, dass die vermeintlichen Täter zu Fuß unterwegs sind oder sich in der Umgebung verstecken. Es geht daraus hervor, dass die Polizei das vollgetankte Fluchtfahrzeug in der Nähe gefunden haben muss. Offenbar nicht im Wald, sondern direkt auf der Straße, um die Sache schneller zu Ende zu bringen.

 

 

Sonntag
25
Januar 2015
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