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Paris, Januar 2015. Teil 21.

 

Identitäten II. 

 

Die Täter hatten sich aber sehr schlampig gezeigt. Wie der Staatsanwalt Molins berichtete, hätte die Polizei im abgestellten Fluchtfahrzeug der Marke Citroën neben dem Glücksfund von Ausweis eine Islamistenfahne, zwei Walkie-Talkies, mehrere Molotow-Cocktails, eine Kamera Go Pro, eine Sonnenblende der Polizei und ein Blaulicht gefunden.

Also alles Sachen, die für das Attentat nicht notwendig und bei einem ohnehin fälligen Fahrzeugwechsel hinderlich gewesen wären. Das Motiv für diese Gegenstände fehlt, sie scheinen für die Täter genau so sinnlos, wie das Wechseln von einem bekannten Fluchtfahrzeug in ein öffentlich gestohlenes Fahrzeug, welches ebenso so schnell auf alle Fahndungslisten hätte landen müssen.

 

 

Das war konzentrierte Sinnlosigkeit, aber Atmosphäre. Dazu gehörte offenbar auch der freundliche Hinweis der Täter an den Renault-Fahrer, dass sie (angeblich) zu Al-Kaida im Jemen gehören würden.

http://www.rtl.fr/actu/societe-faits-divers/temoignage-rtl-les-terroristes-se-revendiquent-d-al-qaida-yemen-7776152520

 

Die Flucht der Attentäter gelang – trotz widrigster Umstände – dennoch. Wie immer das möglich gewesen sein kann. Zuletzt will man die Täter an der Porte de Pantin gesichtet haben. Von wem ist ebenfalls unklar, denn wer achtet auf einen unauffälligen Renault, wenn er von nichts Kenntnis hat. Verkehrs- und Überwachungskameras? Davon gibt es jede Menge, allerdings bleibt es dann schleierhaft, warum die Fluchtfahrt über die Porte de Pantin hinaus verborgen geblieben sein soll. Dem obigen Artikel nach scheint anschließend die Kioskkette abgerissen zu sein.

 

Porte de Pantin (rechts oben).


Von der französischen Polizei, also der Ermittlungsbehörde, ist (bislang) keine Mitteilung bekannt, die über den weiteren Weg der Täter Auskunft geben könnte. Nichts, trotz aller Überwachungsmöglichkeiten. Rekonstruktion: null. Dabei wäre die Antwort auf diese Frage besonders interessant gewesen.

Die Identifizierung der Täter stützt sich somit zum einen auf den „gefundenen“ Ausweis, zum anderen auf die Meldung der Polizei, die auf einem Molotow-Cocktail im Fluchtfahrzeug den Fingerabdruck von Cherif Kouachi gefunden haben will. Das sind alles transportable Gegenstände, während interessanterweise von Spuren (Fingerabdrücke, DNA, Haare usw.) im bzw. am Fahrzeug nichts berichtet wurde.

http://www.lemonde.fr/societe/article/2015/01/10/trois-jours-d-enquete-et-de-traque_4553298_3224.html

 

Von einer auf „soliden Füßen“ stehenden Identifizierung, wie von Westphalen meint, kann also keine Rede sein. Das Platzierung von „Beweisen“ oder „Indizien“ ist eine leichte Übung. Aber sie ist nicht immer intelligent platziert oder fehlen dort, wo sie zu finden sein müssten.

(Aktuelles Beispiel aus Deutschland: die ohne Rußpartikel platzierten „Beweise“ im angebrannten Wohnmobil mit den erschossenen Uwe Böhnhart und Uwe Mundlos, den angeblichen NSU-Mitgliedern, die mit Sicherheit Teil einer kriminellen Struktur des Verfassungsschutzes gewesen waren, Platzierung der Pistole einer ermordeten Polizisten in der Wohnung von Beate Z., welche mit dieser Tat nichts zu tun hatten usw.).

 

Schlussendlich bleibt nur die Identifizierung durch Zeugen oder Überwachungskameras übrig. Le Point berichtete von zwei Zeugen, welche die beiden Täter unmaskiert bei der Kaperung des Renaults gesehen haben sollen.

http://www.lepoint.fr/societe/charlie-hebdo-qui-sont-les-meurtriers-08-01-2015-1894816_23.php

sowie

http://www.spiegel.de/politik/ausland/charlie-hebdo-wer-sind-die-verdaechtige-a-1012007.html

 

Allerdings soll der eine Augenzeuge die Täter als „groß und schwarz“ beschrieben haben. Das trifft auf die Brüder Kouachi nicht zu. Unmaskiert wären die Täter zumindest in Dunkelhäutige oder Hellhäutige unterscheidbar gewesen. Ein Erkennen ist also nicht zu verorten. Von der Farbe her waren die Täter tatsächlich schwarz gewesen: schwarz gekleidet und schwarz vermummt.

Die im Artikel erwähnte Überwachungskamera und „ein Foto“ auf ein Fahrzeug ist ebenfalls eine Null-Information, weil nicht berichtet wird, wo diese was genau gefilmt haben soll. Gezeigt wurde es ohnehin nicht, weswegen auch diese Info für eine Identifizierung nicht in Betracht kommt.

 

Von Westphalen nennt auch einen Augenzeugen aufgrund einer Quelle von RTL-Frankreich.

„…Als die beiden Brüder den Eigentümer des Renault im 19. Arrondissement zwingen, ihnen sein Auto zu geben, tragen sie keine Maske. Sie geben ihm den Hinweis, falls ein Journalist ihn frage, solle er ihm einfach sagen, dass es Al Qaida Jemen sei.“

http://www.rtl.fr/actu/societe-faits-divers/temoignage-rtl-les-terroristes-se-revendiquent-d-al-qaida-yemen-7776152520

 

Somit existiert angeblich ein Zeuge. Medial gesehen handelt es sich dabei um den einzigen Zeugen und gleichzeitig um jene Person, mit dessen Fahrzeug die erfolgreiche Flucht der Täter möglich gewesen war.

Die Meldung selbst, alles andere als konkret, war bislang nicht zu verifizieren und muss unter Umständen nachgereicht werden. Aber sollte dieser Zeuge tatsächlich existieren, so muss leider festgestellt werden, dass dies auch nichts bedeutet, sollten an dem Anschlag staatliche Strukturen mitgewirkt haben.

(In einem folgenden Kapitel zu Coulibaly kann aufgezeigt werden, wie es sich mit dem dortigen „Zeugen“ verhält).


Dass die Polizei nach ihrem angeblichen Glücksfund nur aufgrund von Indizien ihre interne Fahndung noch am Tage des Attentats (7. Januar 2015) an die Medien zur Veröffentlichung weiterreichte, wurde bereits festgestellt. Offenbar war die schnelle Präsentation wichtiger gewesen, als Beweise und eine erfolgreiche Fahndung. Warum bei dieser Präsentation auch Hamyd Mourad, der Bruder von der Frau Cherifs, fälschlich der Meute dargeboten wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Die später von der Polizei nachgereichte Meldung, dass der 18-jährige irgendwann irgendwo etwas von „Dschihad“ gemurmelt haben soll, ist zu lächerlich und unglaubwürdig nach der polizeilich provozierten medialen Vorverurteilung. Da muss es einen anderen Hintergrund gegeben haben.

 

Freitag
24
April 2015
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