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Paris, Januar 2015. Teil 23.

 

Identitäten IV.

 

In der Folge „Paris, Januar 2015, Teil 6″, hatten wir uns bereits über den vollkommen unmotiviert wirkenden und sinnlosen Polizisten-Mord in Montrouge geäußert, für welchen von der Polizei zügig Amedy Coulibaly verantwortlich gemacht worden war. Die Polizistin Clarissa Jean-Philipp war am Morgen des 8. Januar 2015 während der Aufnahme eines Verkehrsunfalls erschossen worden. Täter unbekannt.

Allerdings wurde dann äußerst schnell Amedy Coulibaly von der Polizei für diesen Mord verantwortlich gemacht. Der Überfall auf den Supermarkt „Hyper Cacher“ am 9. Januar hatte noch gar nicht stattgefunden, da war Coulibaly als mutmaßlicher Täter von Montrouge bereits in den Medien dargestellt worden. Nein, nicht bei den Ermittlungsbehörden, sondern in den Medien. Am Vormittag.

 

In Montrouge am 8. Januar 2015.

 

Davon abgesehen, dass die durch die Behörden initiierte Präsentation und gleichzeitige wie voreilige mediale Hinrichtung eines Tatverdächtigen etwas befremdlich wirkte, hatte die Polizei eine wunderbare wie rasante Ermittlungsarbeit geleistet. In nur 24 Stunden, einschließlich Pressearbeit. Perfekt, zumal sich der Tatverdächtige sogar tatsächlich als der Täter herausgestellt hatte. Und das ganz ohne Vorwissen, wir wollen ja nichts unterstellen.

 

Wie diese Identifizierung zustande gekommen sein soll, war allerdings vollkommen unklar gewesen. Zuerst wurde medial verbreitet, dass dieser Mörder mit einer Kalaschnikov bewaffnet gewesen sein soll, dann kam noch eine Pistole hinzu, deren Zweck unklar war. Eine schusssichere Weste soll der Täter getragen haben, die auch nicht nötig erscheint, schließlich handelte es sich um einen feigen Überraschungsüberfall. Unklar blieb auch, wie dieser Mann plötzlich aufgetaucht war. Er muss ja aufgefallen sein. Später war von einem Fluchtwagen die Rede, welcher von der Polizei „in der Nähe des RER-Bahnhofs von Arcueil“ gefunden worden sei, wie es in den Medien hieß.

War der Täter zuvor einfach nur aus seinem Fahrzeug ausgestiegen und hatte wahllos geschossen? Die Sinnhaftigkeit ist auch hier nicht zu erkennen, das eigene Risiko für den Mörder erscheint mittelfristig hoch. Aber erstaunlicherweise wurde auch in diesem Fall nichts über das Fluchtfahrzeug bekannt, wie überhaupt wesentliche Vorgänge nicht genannt wurden.

 

Amedy Coulibaly mit einem Balken vor den Augen, aber ohne Maskierung.

 

Nachdem der als Amedy Coulibaly bezeichnete Täter aus dem Supermarkt gegen 17.00 Uhr von Polizeikugeln durchlöchert zu Boden gefallen war, brachten die französischen Medien bereits am folgenden Tag, dem 10. Januar, richtig gute Nachrichten über die Polizeiarbeit.

Zeugen sollen den Täter von Montrouge gesehen haben. Mit Hilfe dieser (ungenannten) womöglich weißhäutigen Zeugen wäre danach ein Phantombild eines Schwarzafrikaners angefertig worden. Und – Bingo! – schon sei Coulibaly ganz flott identifiziert worden. In einer Straftäterkartei, in welcher zehntausende Gesichter schwarz sind. Eindeutig identifiziert.

Coulibaly muss demnach ein außergewöhnlich dummer Mensch gewesen sein. Ein sinnloser Mord auf offener Straße durch einen wie ihn, vorbestraft und erst vor einem halben Jahr aus dem Gefängnis entlassen, bekannt bei Polizei und Geheimdienst.

Bald darauf wird über die Medien (Behörden/Coulibaly-Video/Audio-Band) gesagt werden, dass der angeblich zum Islamisten mutierte Coulibaly die Brüder Kouachi bei ihrer mörderischen Aktion habe unterstützen wollen. Wie wir heute wissen: in Form einer sofort identifizierbaren mordsmäßigen Selbst-Deklaration, wo doch die schlauen Kouachis extra maskiert angereist waren. Und der oberschlaue Cherif Kouachi hatte in dem ihm zugeschriebenen Audioband einiges ausgeplaudert, was irgendwann einmal gewesen sein soll, aber den alten Kumpel Coulibaly nicht erwähnt, der doch jetzt ein Teil dieses großartigen Planes gewesen wäre.

Manchmal währen Wunder allerdings nicht lange.

 

Am oder „nahe“ dem Tatort von Montrouge, wo immer das genau gewesen sein soll, soll die Polizei eine schwarze Sturmhaube gefunden haben, welche Coulibaly zugeordnet wurde. Nur: welcher Täter nimmt zu seinem Tatort eine Maskierung mit, um sie einerseits nicht zu benutzen und andererseits genau dort zu „verlieren“?

Niemand.

 

Somit ergibt sich daraus ein Problem. War der Täter maskiert, wird damit vollkommen klar, dass die Identifizierung über „Zeugen“ und einem „Phantombild“ gelogen war.

War der Täter nicht maskiert, so hätte dieser nur seine Maskierung mitgenommen, aber nicht verwendet, dafür aber gnädigerweise als (späteres) Beweis am Tatort „verloren“ oder sonstwie zurückgelassen.

De l’attaque contre «Charlie» aux assauts de vendredi, le récit du procureur de Paris, Libération vom 10. Januar 2015 (französisch).

 

Amedy Coulibaly schaut wie Coulibaly aus – und wie 10.000 andere auch.

 

Das glaubt kein Mensch, sofern überhaupt gelesen und begriffen worden ist, was die Behörden an die Medien weitergereicht haben. Dass diese jeden Schwachsinn eins zu eins weiter kolportieren, lässt sich in der massenmedialen Landschaft tagtäglich nachweisen.

 

Coulibaly, wie er beispielsweise in einer schrägen weißen Maskierung aussehen würde. Wir würden gerne das Phantombild gezeigt bekommen.

 

Die Polizei wiederum schien sich auf ihre vollkommen unglaubwürdige „Identifizierung“ durch Zeugen (Schwarzafrikaner beim Schießen bzw. maskierter Schwarzafrikaner) nicht hatte verlassen wollen und hatte an die Medien die „Information“ bekannt gegeben, dass die Spurensicherung in/an der Sturmhaube, wahlweise benutzt und unbenutzt, DNA-Spuren von – Bingo! – Amedy Coulibaly „gefunden“ hätte.

Eine DNA-Analyse ist allerdings ein sehr komplexer Vorgang. Unter 48 Stunden ist eine Auswertung auch unter allerbesten Umständen gar nicht möglich. Im Normalfall dauert die Isolierung und anschließende Züchtung der DNA viel länger, abseits von Verunreinigungen und Mischspuren. Und sie nützt auch nur etwas, wenn die DNA-Spur abgeglichen werden kann. Die Sturmhaube will die Polizei am 8. Januar „gefunden“ haben, am 10. Januar stand bereits der „Befund“ in der Zeitung!

Der Abgleich von frischer Spucke und Nasenrotz in der Sturmhaube mit direkten Abstrichen jener Leiche vom Supermarkt lässt sich ebenfalls nicht in diesem Tempo bewerkstelligen. Ganz davon abgesehen, dass eine „Identifizierung“ erst mit dem Tod des Täters erfolgt wäre, diese aber zuvor bekannt gegeben wurde. Dummerweise soll der Täter von Montrouge seine Sturmhaube gar nicht getragen haben, sondern wohl nur in der Hand gehalten haben. Das muss dann eine richtig vollgerotzte Hand gewesen sein.

 

Es wird somit deutlich, dass diese Geschichte vom Mord in Montrouge und der Behauptung, dass es sich bei dem Täter um Coulibaly handeln würde, erlogen ist. Es wird deutlich, dass es die französischen Behörden sind, die hier Zusammenhänge konstruieren und platzieren. Es wird deutlich, dass es die Polizei ist, die zumindest den wirklichen Täter deckt – wenn nicht mehr, was nahe liegend wäre.

Es wird deutlich, dass der Tat in Montrouge ein ähnliches Muster zugrunde liegt wie bei den Morden bei „Charlie Hebdo“. Die Täter konnten nicht identifiziert werden, verschwanden erst einmal „spurlos“, um dann primitiv hinterlegte Spuren zurückzulassen, welche blitzschnell zu ebenso blitzschnell medial präsentierten „Identitäten“ führten.

Aber sicherlich nicht zu jenen der tatsächlichen Täter.

 

Amedy Coulibaly kann keine Auskunft mehr geben. Was von ihm blieb ist ein dubioses Gerede in einem zusammengestoppelten Video, welches als eine Form von „Geständnis“ gewertet wurde. Von dem Polizistenmord hatte er zum Zeitpunkt der Aufnahmen auch noch nichts gewusst, eine „Stellungnahme“ dazu war nachträglich als Satzleiste eingefügt worden.

Es heißt, dass die französische Polizei noch ermittelt, wer dieses Video im Internet nach dem Tod Coulibalys hochgeladen haben könnte.

 

Sonntag
03
Mai 2015
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