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Flüchtlingsdrama in Wr. Neustadt

 

Das Flüchtlingsdrama allgemein bezieht sich nicht nur auf Österreich. Die Unterbringung von 250 Flüchtlingen in einer Halle der „Arena Nova“ in Wr. Neustadt wiederum hatte ein weiteres Drama ausgelöst. Dieses weitere Drama spielte und spielt sich in der Bevölkerung von Wr. Neustadt und Umgebung ab.

Obwohl die Unterbringung dieser Flüchtlinge ohnehin nur bis zum 31. August 2015 befristet ist, war dies für einige rechtsorientierte Organisationen und deren Anhänger Grund genug, um mit einigen Kundgebungen und anderen Formen der Öffentlichkeitsarbeit negative Stimmung gegen diese Gruppe von Menschen zu schüren. Wie üblich, wurde die Feindseligkeit mit der Behauptung kaschiert, angeblich grundsätzlich nicht ausländerfeindlich zu sein. Ein Asylverfahren wäre zu akzeptieren, so wurde kundgetan, sofern dieser berechtigt sei und es sich bei den Asylbewerbern um keine so genannte Wirtschaftsflüchtlinge handeln würde.

Die Realität sieht freilich anders aus. Eine rechte Gruppierung, die sich die „Identitären“ nennt, und ebenfalls – unter anderem – die obige Behauptung aufstellt, sprach sich mit Hilfe einer bescheidenen Kundgebung sowie über die „sozialen Medien“ gleich pauschal gegen Flüchtlinge in Wr. Neustadt aus. Das heißt, gegen deren Unterbringung in Wr. Neustadt. Da war von einer Selektierung oder einer Überprüfung der Flüchtlinge keine Rede mehr, nachdem die realen Nöte der Flüchtlinge ohnehin nie ein Thema gewesen waren.

Diese Leute sehen sich selbst als „Patrioten“, während sie gleichzeitig eine Gesinnung erkennen lassen, die sonst Nazis zugeschrieben wird. Sie beschweren sich über die tatsächlich desaströse Asylpolitik der EU und dem gleichfalls desaströsen und stümperhaft wirkenden Gebaren der österreichischen Behörden. Diese Unzufriedenheit erweist sich allerdings als höchst oberflächlich, weil weder deren System noch deren politische Auslegung grundsätzlich in Frage gestellt wird. Hintergründe über die Flüchtlingsbewegung werden überhaupt nicht thematisiert, und erst recht nicht die Verantwortlichkeit für diese Not. Die Eruierung dessen würde der Anti-Flüchtlingskampagne auch sofort den Boden entziehen. So konzentriert sich diese Kampagne auf das schwächste Glied einer von ihnen ignorierten Ereigniskette – auf die Flüchtlinge selbst, auf die Notleidenden. Das ist feige.

 

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Das moralische Drama ist aber vor allem innerhalb eines Teiles der Bevölkerung in und um Wr. Neustadt zu finden. Der stumpfsinnigen Meinungsmache über soziale Medien wie „Facebook“ sind keine Grenzen gesetzt. Andererseits kann man dem US-Konzern dankbar sein, dass all jene des Mobs, die dort ihrer Nazigesinnung freien Lauf lassen, sich als rassistisch und dumm deklarieren, zu identifizieren sind. Jene, die Hetze betreiben und/oder sich gar in Mordphantasien ergießen, sollten ein Fall für die österreichische Justiz sein. Eine persönliche Distanzierung von diesen Psychopathen sollte für alle anderen erste Pflicht sein.

Auf einer auf „Facebook“ gegründeten Gruppe, die gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Wr. Neustadt ist, haben sich über 3.300 Personen angemeldet. Für den Austritt aus der EU, einem der Verursacher des Flüchtlingsdramas, hatten sich kürzlich dagegen nur 1.642 Personen in der Stadt und 3.942 Personen im Bezirk ausgesprochen. Soweit bekannt, stammten diese EU-Gegner zumeist aus einem anderen Milieu. Aus einem Milieu, welches sozial und politisch als gebildet bezeichnet werden kann.

Daneben existiert noch eine alltäglich stumpfe Masse, die gegenüber den Flüchtlingen ebenfalls eine negative „Meinung“ kundtun oder etwas zum „Meckern“ brauchen, aber nicht einmal Grundkenntnisse aufweisen können, mit der sie „Meinung“ belegen können. Auch die haben wir kennengelernt. Es ist erschütternd.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass der Bildungsgrad jenes Bevölkerungsteils, welche Stimmung und Meinung gegen die befristete Unterbringung von Flüchtlingen schürt, denkbar gering ist. Geringe Bildung bedeutet wiederum leichte Manipulierbarkeit durch Agitatoren, welche dankbar sind, einen Mob für ihre Sache instrumentalisieren zu können.

Dieser Mob wiederum zeigt sich, den bisherigen Erfahrungen zur Folge, kaum belehrbar, ja, nicht einmal fähig zum Diskurs. Eine Diskursunfähigkeit und das Beharren auf eine nicht belegbare Meinung, die maximal auf einen Glauben beruht, zeigt einen Fundamentalismus auf, der auch bei uns existiert. Bildung wird durch einen Glauben ersetzt, an welchen festgehalten wird. Weil die Erkenntnis über die eigene Dummheit, der erste Schritt zur etwas höheren Intelligenz, nicht zu ertragen sein mag.

Da schlägt der dumpfe Mob lieber um sich, pauschal gegen Flüchtlinge wie auch pauschal gegen jene Menschen, welche aus einem mitmenschlichen Gefühl heraus den anderen Menschen in Not helfen möchte. Lustigerweise wird dabei soziale Mitmenschlichkeit mit „links“ artikuliert, demzufolge Unmenschlichkeit „rechts“ vorzufinden sein sollte. Das wird aber nicht ausgesprochen, es wird nicht einmal begriffen.

 

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So ist es auch kein Wunder, wenn die Sprache der Gewalt genau in diesem sprachlosen und inhaltsleeren Mob vorzufinden ist. Die vier jungen Österreicher, welche am vergangenen Donnerstagabend zur Arena Nova hinausgefahren sind, um hinterhältig Flüchtlinge mit Softguns zu beschießen und sieben von ihnen zu verletzen, zeugen von Geistlosigkeit und krimineller Energie innerhalb dieser strohdummen Glaubensgemeinschaft. Es ist zu hoffen, dass dieses „heimische“ Gesindel entsprechend angeklagt und hart bestraft wird.

Laut dem Roten Kreuz handelt es sich bei den 250 Asylbewerbern in Wr. Neustadt ausschließlich um Kriegsflüchtlinge aus Syrien, aus dem Irak und aus Afghanistan. Wer nicht weiß, was Krieg bedeutet, der kann sich informieren. Wer nicht weiß, was der Krieg in diesen drei Ländern bedeutet, kann sich ebenfalls informieren. Das ist den meisten Personen des rechtsgerichteten Mobs ganz offensichtlich nicht klar. Der gedankliche Ansatz mit der Frage nach den Kriegsursachen, um ein logisches Vorgehen zur Beseitigung derselben zu ermöglichen, sollte an erster Stelle stehen.

Wenn der rechte Mob bereits vor der Erkenntnisgewinnung intellektuell an der Fragestellung scheitert, so sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich beispielsweise bei dem Krieg in Syrien nicht um einen Bürgerkrieg, sondern um einen nicht als solchen deklarierten ausländischen Interventionskrieg handelt. Mit dem Ziel, die Regierung Assad zu stürzen und ein für die westlichen Interessen (und jener der Golfdiktaturen) genehmes Marionetten-Regime zu installieren.

Im Rahmen der EU, dessen Mitgliedsstaaten sich wiederum mit großer Mehrheit im Kriegsbündnis NATO wiederfinden, wird zudem mit „Sanktionen“ ein Wirtschaftskrieg gegen Syrien geführt. Der Staat Österreich ist Mitglied dieser EU. Wenn demnach Syrer nicht nur durch die Gräuel eines ungeheuer brutalen Krieges zur Flucht getrieben werden, sondern auch noch durch den Wirtschaftskrieg (unter anderem) der EU, und diese dann ausgerechnet in diese EU flüchten, wer kann sich hier beschweren?

Der rechte Mob beschwert sich, weil er nicht nur ahnungslos und ungebildet ist, sondern Teile von ihnen anders gelagerten Frust und Aggressionen nicht nur verbal ausleben möchten – gar nicht mutig gegenüber Schwachen und Schutzbedürftigen. Begriffe wie „Links“ und das für diese Gruppe nicht existente „Rechts“ sind eingetrichterte hohle Nichtigkeiten, zumal nicht einmal „Oben“ und „Unten“ richtig eingeordnet werden können. Dieser rechte Mob ist ganz unten, ohne sich dessen bewusst zu sein und sich dessen bewusst sein zu wollen. Sie agieren als Strassenmob für die herrschende Klasse und ihrer Interessen.

Glücklicherweise gibt es in der trägen Masse, die sich Bevölkerung nennt, auch eine, welche sich den Problemen annimmt, die den Ursachen auf den Grund geht, die sich dank ihrer Bildung nicht instrumentalisieren lässt, die soziale und mitmenschliche Fähigkeiten besitzt, Geld und Gegenstände spendet und zu persönlichen Hilfeleistungen motiviert ist.

Montag
27
Juli 2015
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