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Brüssel, März 2016 – Ein Kommentar. Teil 12.

 

Um es noch einmal vor Augen zu führen: die Behörden wollen von der Existenz eines Najim Laaraoui in Europa nichts gewusst haben – zumindest nicht bis zum 21. März. An diesen Tag hatte der belgische Bundesstaatsanwalt Van Leeuw auf einer mit dem Pariser Staatsanwalt Francois Molins abgehaltenen Pressekonferenz die freudige Information bekannt gegeben, dass jene Person, die unter dem Namen Soufiane Kayal agiert habe, von der Polizei angeblich als Najim Laachraoui identifiziert worden wäre. 

http://www.npr.org/sections/thetwo-way/2016/03/21/471244359/belgian-police-identify-suspected-accomplice-of-salah-abdeslam

http://www.brusselstimes.com/world/5252/soufiane-kayal-identified-as-najim-laachraoui-went-to-syria-in-february-2013

http://deredactie.be/cm/vrtnieuws.deutsch/nachrichten/1.2607095

http://www.europe1.fr/faits-divers/attentats-de-paris-lidentite-de-soufiane-kayal-revelee-2698393

 

Die genannte Pressekonferenz vom 21. März 2016 – leider nur als Ausschnitt. Quelle: RT/YouTube. 

 

Französische und belgische Medien hatten diese Verlautbarung sofort online publiziert, andere nur wenig später. In einem Artikel zu Abdeslam (Paris-Attentäter: „Froh, dass es vorbei ist“) vom 21. März 2016 hatte der österreichische KURIER einen Absatz zur angeblichen Laachraoui-Identifizierung hinzugefügt. 

Ein Foto wurde ebenfalls medial verteilt.

 

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Hatte die Polizei zur Hand: ein Foto, auf welchem Najim Laachraoui abgebildet sein soll.  

Die Herkunft dieser Abbildung wurde nicht genannt, allerdings scheint es sich bei dem Foto um so etwas wie ein Passfoto zu handeln.

 

Gegenüberstellung Kayal-Laachraoui 1

„Kayal“/“Laachraoui“ in schlechter Qualität.

 

Wer möchte, kann bei dieser Gegenüberstellung trotz sehr schlechter Abbildungsqualität – ging es nicht besser? – einige Ähnlichkeiten erkennen (Ohren, Nase), an anderen Stellen (rechte Augenbraue, Mund) eher weniger. Ob dieser Vergleich überhaupt sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Denn es sagt uns leider nicht, ob der falsche Ausweis unter dem Namen „Soufiane Kayal“ nicht auch mit einem falschen Foto versehen worden sein könnte.

Auf dem Screenshot von einem Überwachungsband hatte die belgische Polizei die hier zu sehende Person (links) als Najim Laachraoui ausgemacht.

 

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Das war am 22. März 2016, am Tag des Anschlags, kein Foto gewesen, das zu einer Identifizierung hätte führen können – obwohl es für die Öffentlichkeit gedacht gewesen war. Es war unmöglich gewesen, die Person vom Flughafen mit den beiden Abbildungen „Kayal“/Laachraoui“ auch nur irgendwie deckungsgleich zu bekommen. Es hätte sich höchstens ein gewisser „Typ“ feststellen lassen, aber nicht mehr. 

Am Vormittag des 23. März hatte die belgische Polizei weitere Screenshots der Tatverdächtigen vom Flughafen veröffentlicht gehabt. Hier hatte die als „Kayal“/“Laachraoui“ bezeichnete Person tatsächlich gewisse Gesichtskonturen erfahren.

 

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Das soll er auch sein: Najim Laachraoui alias Soufiane Kayal. 

 

Aufgrund der schlechten Qualität wäre dennoch keine echte Identifizierung mit „Kayal“/“Laachraoui“ möglich gewesen. Es konnte für die Öffentlichkeit nur eine Annäherung bedeuten – an die beiden zuvor publizierten Abbildungen. Das war natürlich besser als nichts, doch warum erfolgte die Veröffentlichung der „neuen“ und besseren Bilder erst am folgenden Tag? Denn sie hatten bereits am 22. März vorgelegen.

Die Medien wurden jedenfalls erst am 23. März mit diesen „neuen“ Screenshots versorgt.

 

N. Laachraoui

Flächendeckend aufgezeigt. 

 

Das Motiv für das diesbezügliche Vorgehen der belgischen Polizei ist unklar. War es einer gewissen dramaturgischen Absicht geschuldet? Die Zeitspanne, in welcher die obigen Fotos – trotz aller Mängel – für den öffentlichen Fahndungsaufruf getaugt hätten, hatte sich dann als sehr kurz erwiesen. Denn noch am selben Tag wurde diese Person von den Behörden als Laachraoui/Kayal identifiziert, womit sich die weitere Fahndung als hinfällig erwiesen hatte. Denn der Mann soll sich am Flughafen selbst in die Luft gesprengt haben.

 

Als durchschnittlicher Medienkonsument bleibt einem nichts übrig, als die Brocken zu schlucken, die medial hingeworfen werden. Dazu gehören auch Fotos, deren Echtheit geglaubt oder angezweifelt werden können. Mit Bildern wird manipuliert, seit es diese gibt. Ob echte Bilder in einen falschen Kontext gesetzt oder ob Fotos nachbearbeitet wurden – ein Nachweis ist meistens nicht möglich.

Die drei Screenshots jener als „Najim Laachraoui“ bezeichneten Person sind in ihrer Qualität jedenfalls schlecht genug, um relativ leicht beispielsweise einen Bart „nachzupixeln“. Wer sich diese drei Bilder genau anschaut, könnte den Eindruck gewinnen, dass in der Darstellung dieses Merkmals etwas nachgeholfen worden sein könnte.

Natürlich kann das auch täuschen, weil die Bilder so schlecht sind. Dafür ist uns im Zuge der Bildvergleiche etwas anderes aufgefallen. Betroffen ist die als Ibrahim El Bakraoui bezeichnete Person in der Mitte des Bildes.

 

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Obwohl das Foto in seiner grauenhaften Qualität zusätzlich von einem Lichteinfall von der linken Seite her beeinträchtigt wurde, ist im Bereich des linken Armes und des linken Brustbereiches eine merkwürdige Ausschwärzung erkennbar. Diese hebt sich vom verwaschenen dunkelblau ab, zeigt keinerlei Konturen und spart zudem an der linken Schulter einen kleinen Bereich aus. Ein Bildbearbeitungsprogramm verdeutlicht diese Beobachtung.

 

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Die am 23. März von der Polizei veröffentlichten Screenshots von der als Ibrahim El Bakraoui bezeichneten Person verfügen nicht über dieses Merkmal. Die Auflösung ist noch gröber, doch wurde hier erst deutlich, dass der Mann einen Schal getragen hatte.

Und er trug an seiner linken Hüfte etwas, was eine schwarze Tasche gewesen sein könnte. Ungewöhnlich und zu groß, um diese an einem Gürtel zu befestigen, weswegen eine bei Männern eher selten anzutreffende „Handtasche“ nahe liegender wäre. Ein Riemen ist aber nicht sichtbar, was einerseits der schlechten Bildqualität geschuldet sein kann, andererseits auf dem Gruppenbild genau dieser Bereich als wie nachgeschwärzt wirkt.

 

 

Samstag
04
Juni 2016
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