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Brüssel, März 2016 – Ein Kommentar. Teil 14.

 

Der Hintergrund eines Laachraoui/Kayal war auch nach der angeblichen Identifizierung merkwürdig leer geblieben. Wo, wie und wovon soll er vorher gelebt haben? Warum soll er in der Umgebung von polizeibekannten Kriminellen nicht aufgefallen sein? Wo befand sich der Pass auf dem Namen Najim Laachraoui, wo jener Ausweis auf den Namen Soufiane Kayal? Wo befanden sich überhaupt die persönlichen Sachen?

Die beiden Identitäten „Soufiane Kayal“ & „Samir Bouzid“ waren seit dem 4. Dezember 2015 öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben gewesen, weil sie am 9. September 2015 zusammen mit dem Terrorverdächtigen Salah Abdeslam gesehen worden waren und falsche Ausweise besessen haben sollen. Von irgendwo sichergestellten Spuren war hier noch keine Rede gewesen.

 

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Hier als Beispiel einige Artikel vom 4./5./6. Dezember 2015:

http://www.leparisien.fr/faits-divers/attentats-deux-nouveaux-suspects-recherches-par-les-polices-belge-et-francaise-04-12-2015-5339995.php

http://www.lemonde.fr/societe/article/2015/12/04/attentats-du-13-novembre-deux-nouveaux-suspects-recherches-en-france-et-en-belgique_4824888_3224.html

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-12/terrorismus-anschlaege-paris-neue-verdaechtige

http://www.leparisien.fr/faits-divers/belgique-les-deux-suspects-recherches-auraient-pilote-les-attentats-de-paris-06-01-2016-5425661.php

 

Das Haus im belgischen Auvelais in der Provinz Namur, welches Terroristen 2015 als Stützpunkt genutzt haben sollen, soll laut Polizei auf den Namen „Soufiane Kayal“ angemietet worden sein.

Da Vermietungen gewöhnlich nur mit einem Identitätsnachweis möglich sind, muss diese Information nicht angezweifelt werden. Sie besagt allerdings nicht, ob sich hinter der Identität „Kayal“ und dem falschen Ausweis die Person Najim Laachraoui verborgen hatte. Das wissen wir nicht.

Das besagte Haus in Auvelais war von der Polizei am 26. November 2015 durchsucht worden. Der Hinweis auf den wenig spektakulären Fund – mehrere Matratzen – deutete an, dass das Haus weitgehend unmöbiliert und leer gewesen war.

http://www.20min.ch/ausland/news/story/24270693

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-01/belgien-charleroi-paris-anschlaege-abdelhamid-abaaoud

 

Entgegen einiger späterer Meldungen wurden auch keine Spuren von Sprengstoffen gefunden. Offenbar wurde überhaupt nichts gefunden.

http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/europa/4903809/Neue-Verstecke-von-ParisAttentaetern-entdeckt

 

Erst am 12. Februar 2016 war die Nachricht über eine DNA-Spur veröffentlicht worden. Auf bei den Pariser Attentaten vom 13. November 2015 verwendeten Sprengstoffwesten/Sprengstoffgürteln sei von der Polizei DNA gefunden worden, welche allerdings nicht habe zugeordnet werden können. Also wurde diese als „unbekannt“ bezeichnet. „Unbekannt“ bedeutet in diesem Fall, dass diese Spuren auf den Datenbanken der Sicherheitsbehörden nie erfasst worden waren.

http://www.nzz.ch/international/unbekannte-dna-an-sprengstoffguerteln-gefunden-1.18694521

 

Danach war erst einmal nichts gewesen. Keine weiteren Informationen. Es hatte erst der 21. 2016 März werden müssen, der Vortag vor dem Doppelanschlag in Brüssel. Da hatten plötzlich die belgischen Sicherheitsbehörden der Identität „Soufiane Kayal“ eine konkrete Person gegeben: Najim Laachraoui.

Genau so plötzlich, wie diese durch den Bundesstaatsanwalt Van Leeuw verlautbarte Identifizierung statt gefunden haben soll, war nun auch von Spuren in dem von der Identität „Kayal“ angemieteten Haus in Auvelais die Rede gewesen.

Hier als Artikel Beispiele vom 21. März 2016:

http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-03/paris-attentaeter-salah-abdeslam-komplize-najim-laachraoui-polizei-ermittlungen

http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-festnahmen-in-bruessel-terrorplaner-des-is-trefft-jeden-und-alles/13350038.html

https://www.tagesschau.de/ausland/paris-terror-101.html

http://orf.at/stories/2330555/

http://www.welt.de/politik/ausland/article153527655/Weiterer-Komplize-der-Paris-Attentaeter-identifiziert.html

 

Woanders wurde nicht auf Fingerabdrücke verwiesen, sondern von aufgefundenen DNA-Spuren im Haus in Auvelais geredet.

http://deredactie.be/cm/vrtnieuws.deutsch/nachrichten/1.2607095

http://www.lemonde.fr/europe/article/2016/03/23/attentats-de-bruxelles-najim-laachraoui-identifie-comme-le-deuxieme-kamikaze-de-l-aeroport-de-zaventem_4888877_3214.html

http://www.vg.no/nyheter/utenriks/terrorangrepene-i-paris/belgia-navngir-medhjelper-bak-paris-terroren/a/23643446/

 

Vielleicht auch Fingerabdrücke plus DNA, auch wenn dies so nirgends erzählt wurde. Wie auch immer, letztlich machte es keinen großen Unterschied. Denn der Haken an dieser schönen Geschichte befand sich woanders.

Die belgischen Sicherheitsbehörden hatten nicht berichtet, wie sie – und das auch noch zu diesem Zeitpunkt – zu dieser plötzlichen und „passenden“ Erkenntnis gelangt sein wollen. Die in der Folgezeit ständig genannten Spuren mit „Kayal“/Laachraoui sollten einen Kontext suggerieren, den es bei genauerer Betrachtung gar nicht gab.

 

 

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Quelle: What ist DNA? Screenshot, YouTube. 

 

In dem Haus in Auvelais wird die Polizei sicherlich sehr viele Fingerabdrücke festgestellt haben, auch wenn dieser logische Umstand nie erwähnt worden war. Vermieter, Mieter, deren Freunde und Bekannte, Reinigungspersonal, Handwerker usw. hatten garantiert ihre Spuren hinterlassen. Dazu sollen sich im Haus auch eine Anzahl verdächtiger Personen aufgehalten haben. Das bedeutete eine mühselige Aufgabe für die Ermittler, nach den Sicherstellungen der Fingerabdrücke zuerst alle bekannten Personen ausfindig zu machen, diese zu überprüfen – und auszuschließen. Alle anderen Fingerprints würden danach als „unbekannt“ abgelegt werden.

Genau so verhält es sich mit DNA-Spuren. Entdeckung und Sicherstellung sauberer Spuren, danach die Analysen, die Gutachten, die erneute Überprüfungen aller auffindbaren Personen bis hin zum Abgleich mit einer Datenbank. Und all jene, die nicht zugeordnet werden konnten, würden auch hier unter „unbekannt“ zu den Akten genommen werden.

Unbekannt dürften eine Reihe von Spuren geblieben sein. Davon abgesehen könnten diese Spuren ausschließlich den Nachweis eines Aufenthaltes dieser oder jener Personen erbringen, aber niemals den Beweis für eine Täterschaft und auch keinen Beweis für eine Identität wie „Soufiane Kayal“.

Von unbekannten DNA-Spuren an den Sprengstoffwesten/Sprengstoffgürteln war bereits im Februar 2016 berichtet worden. Diese hatten am 21. März durch die belgischen Sicherheitsbehörden gleichfalls eine Identifizierung erfahren, weil es sich bei „Soufiane Kayal“ als Mieter des Hauses in Auvelais angeblich um Najim Laachraoui gehandelt haben soll.

http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-03/paris-attentaeter-salah-abdeslam-komplize-najim-laachraoui-polizei-ermittlungen

http://www.nbcnews.com/storyline/brussels-attacks/najim-laachraoui-what-we-know-about-suspected-bomb-maker-n543996

http://www.leparisien.fr/faits-divers/attentats-du-13-novembre-najim-laachraoui-presume-artificier-nouvel-ennemi-public-22-03-2016-5648941.php

http://tempsreel.nouvelobs.com/societe/attentats-terroristes-bruxelles/20160323.OBS7042/qui-est-najim-laachraoui-le-second-kamikaze-de-l-aeroport.html

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4952000/BrusselTerror_Staatsanwalt-bestaetigt-Anschlaege-durch-BakraouiBruder

 

So häufig diese Meldungen medial wiederholt worden sind, so zeigte sich der vermeintliche Rückschluss nicht nur als unlogisch, sondern auch als falsch. Eine Zuordnung von bestimmten unbekannten Fingerabdrücken aus einem Topf mit mehreren anderen gleichfalls unbekannten zu einer Identität, die laut den Behörden gar nicht existiert haben soll, ist bestenfalls als willkürlich zu bezeichnen.

Die einzige Verbindung ließe sich aus gleicher DNA an zwei Orten herstellen. Einerseits aus dem Haus, andererseits von Sicherstellungen auf den Sprengstoffwesten. Das wäre zwar eine Spur, ein Hinweis, aber kein Nachweis für eine Identität unter einem falschen Namen geschweige denn einer realen Person.

Bereits hier ist ein Vorsatz durch die belgischen Sicherheitsbehörden erkennbar, ohne einer Beweisgrundlage die Identität „Soufiane Kayal“ als Verdächtigen zu platzieren, um diese schlußendlich auf selbiger „Grundlage“ mit der Person Najim Laachraoui als Täter zu manifestieren. Doch handelte es sich hierbei nur um ein Konstrukt, um eine kaschierte Erfindung.

Die Behauptung des belgischen Bundesstaatsanwalts Van Leeuw, dass sich die Identität „Kayal“ aufgrund Fingerabdrücke/DNA-Spuren als Najim Laachraoui herausgestellt habe, war schlichtweg gelogen, da dieser Nachweis ohne Abgleich mit dem leibhaftigen Träger unmöglich ist. Da dies mit dem Phantom „Kayal“, aber auch nicht mit Laachraoui möglich gewesen sein wird, versteht sich von selbst. Letzterer soll ja angeblich erst am 22. März per Selbstsprengung in Erscheinung getreten sein.

 

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Es ist nicht immer vorteilhaft, plötzlich mit einem Privatfoto in den Medien präsent zu sein.

 

Blieben nur noch die Datenbanken aller Dienste und Sicherheitsbehörden. Laachraoui wurde der offiziellen Legende zufolge allerdings nie erkennungsdienstlich erfasst. Sollte es – theoretisch – dennoch in früherer Zeit der Fall gewesen sein, so wäre er anhand der Fingerabdrücke und den Befunden aus DNA-Abstrichen natürlich schnell identifiziert worden. Aber genau das war nicht der Fall gewesen.

https://genome.tugraz.at/molecularDiagnostics/DNA-Fingerprint(VO4).pdf

 

Es hatte folglich nie eine Spur gegeben, die auf einen Najim Laachraoui hingewiesen hätte. Es gab nur einen falschen Ausweis, eine Reihe von Behauptungen und einen jungen Mann, dessen Name und Gesicht ohne einen einzigen Beweis als einer der mutmaßlichen Täter von den Anschlägen in Paris einen arrangierten medialen Bekanntheitsgrad erreicht hatte.

 

Gegenüberstellung Kayal-Laachraoui 1

Für die Sicherheitsbehörden ist es dagegen vorteilhaft, sich aus dem Bildarchiv des Einwohnermeldeamtes bedienen zu können. 

 

Die belgischen Sicherheitsbehörden hatten es jedenfalls nicht verabsäumt, über die US-Nachrichtenagentur Reuters ihr Bildmaterial zuvorkommend den Massenmedien zu überlassen. Glücklicherweise hatten die Behörden bereits am 21. März darüber verfügt. 

 

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Hübsches Bild, leider ohne Angabe der Herkunft. 

 

 

 

Donnerstag
23
Juni 2016
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