Khalid El-Bakraoui wurde im Jahre 2011 wegen organisiertem Autodiebstahl sowie dem Besitz von automatischen Waffen von der Polizei festgenommen. Dann konnte ihm ein am 27. Oktober 2009 durchgeführter Banküberfall samt Entführung nachgewiesen werden, woraufhin er im September 2011 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden war.
https://en.wikipedia.org/wiki/Khalid_El_Bakraoui
Khalid El-Bakraoui wurde danach überraschend früh aus der Haft entlassen. Das genaue Datum konnte von uns bislang nicht geklärt werden, entweder Ende 2013 oder Anfang 2014. Denn bereits im Mai 2014 wurde er erneut verhaftet, weil er gegen die Bewährungsauflagen verstoßen haben soll. Konsequenzen daraus sind nicht bekannt. Nachdem Khalid El-Bakraoui im Oktober 2015 abermals gegen die Bewährungsauflagen verstoßen habe, soll er angeblich untergetaucht sein, weswegen im selbigen Monat ein internationaler Haftbefehl durch Interpol ausgestellt worden wäre.
Khalid El-Bakraoui.
Undurchsichtig ist die Rolle seiner Person im Zusammenhang mit den Pariser Attentaten vom November 2015. Die Polizei will in einem Haus in Charleroi seine Fingerabdrücke gefunden haben, weswegen am 11. Dezember 2015 gleich zwei weitere Haftbefehle gegen ihn ausgestellt worden sein sollen.
Fingerabdrücke irgendwo in einem Gebäude beweisen allerdings nichts und spielten in dieser Geschichte ohnehin keine weitere Rolle. Letztlich soll es nach Polizeiangaben Khalid El-Bakraoui gewesen sein, welcher das Haus in Charleroi, aber auch eine Wohnung im Brüsseler Stadtteil Forest angemietet habe.
Ibrahim El-Bakraoui.
Sein Bruder Ibrahim El-Bakraoui hatte im Januar 2010 einen bewaffneten Raubüberfall auf eine Western-Union-Filiale durchgeführt, welcher aufgrund zufällig anwesender Polizei gescheitert war. Ibrahim soll auf die Polizisten geschossen und einen der Beamten am Bein verwundet haben. Er wurde dafür – schwerer Raub sowie Mordversuch – im August 2010 zu 10 Jahren Haft verurteilt. Doch auch Ibrahim hatte überraschend trotz der Schwere seines Verbrechens nicht einmal die üblicherweise zwingende Hälfte seines Strafmaßes absitzen müssen. Im Oktober 2014 war er wieder auf freiem Fuß gesetzt worden.
https://en.wikipedia.org/wiki/Ibrahim_El_Bakraoui
Aber auch er hatte es – wie sein Bruder Khalid – angeblich nicht geschafft, sich an die Bewährungsauflagen zu halten und soll anschließend wieder von der Polizei gesucht worden sein.
Das Brüderpaar El-Bakraoui weist die bereits oben festgestellte Auffälligkeit auf, dass es sich bei ihnen laut den zur Verfügung stehenden Quellen um gewöhnliche Kriminelle gehandelt hatte. Besondere religiöse, fundamentalistische oder auch politische Ambitionen, die ihnen direkt zugeordnet und bezeugt werden können, sind nicht vorhanden.
(Der Verweis auf das angebliche IS-Online-Magazin „Dabiq“ taugt nicht einmal als Indiz, weil nie festgestellt wurde, wer dieses tatsächlich betreibt, und weil die Urheber der dort veröffentlichten Texte nicht nachweisbar sind.
https://en.wikipedia.org/wiki/Dabiq_(magazine)
Angeblich in Al-Raqqah hergestellt, aber Riad wäre ebenfalls eine Option.
Die erste Ausgabe erschien ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an welchem die US-Regierung die Organisation „IS“ als Terrororganisation erklärt hatte – im Juli 2014).
Vollkommen unklar sind auch die Verbindungen zu den angeblichen Paris-Attentätern und die Herstellung derselben. Ebenso fehlt das Motiv für einen mit einem Selbstmord verbundenen Anschlag. Darüber kann auch nicht die lächerliche wie inhaltsleere angeblich im Mülleimer gefundene Audiospur hinwegtäuschen.
Stattdessen sollen beide Kriminelle in Anbetracht ihrer Vergehen ungewöhlich früh aus ihrer Haft entlassen worden sein. Da wir nicht über plausible Umstände ihrer Entlassung informiert sind, sollte das Handeln der Justiz zu hinterfragen sein.
„Bislang ist unklar, warum sich die Brüder El Bakraoui zuletzt auf freiem Fuß befanden“, hatte sogar SPIEGEL-Online irritiert gefragt.
Warum die beiden Männer auf freien Fuß gesetzt worden waren, entzieht sich nach wie vor unserer Kenntnis. Es ist aber die Möglichkeit nicht außen vor zu lassen, dass Justiz und Polizei mit den Bakraoui-Brüdern einen Handel getroffen hatte: Strafnachlass gegen Spitzeldienste. Es ist kein Geheimnis, dass ein erheblicher Teil der V-Leute aus verschiedenen Gründen (vorhandene Etablierung in der Szene, finanzielle Nöte, Erpressbarkeit, Strafnachlässe) aus der kriminellen Szene rekrutiert werden.
Dass gleich beide Brüder nach ihrer frühzeitigen Haftentlassung gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen haben sollen, werten wir als Indiz für einen Handel mit den Sicherheitsbehörden. Die Schwierigkeiten mit den Behörden würden ihre Glaubwürdigkeit innerhalb der Szene erhöhen und den Infiltrationsversuch der Polizei kaschieren.
Auf der anderen Seite ist dagegen kein Motiv erkennbar, sich unnötig dem Risiko auszusetzen, abermals wieder ins Gefängnis gehen zu müssen. Im Gegenteil, Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu provozieren, wo doch die beiden El-Bakraouis andere, konspirative Pläne verfolgt haben sollen, macht keinen Sinn, ist widersprüchlich und schlichtweg zu dumm. Große „Dinger“ planen, aber vorher sich um einen Haftbefehl „bemühen“? Auffällig agieren, wo doch Unauffälligkeit angebracht gewesen wäre?
Khalid El-Bakraoui ist ein gutes Beispiel. Die französischen und belgischen Sicherheitsbehörden behaupteten, dass er das Haus in Charleroi sowie eine Wohnung im Brüsseler Stadtteil Forest angemietet haben soll, um vermeintlichen Terroristen Unterschlupf zu ermöglichen. Also ganz konspirativ. Gleichzeitig soll der selbe Mann vor den spektakulären Aktionen mit dem Verstoß von Bewährungsauflagen für einen Haftbefehl gegen sich selbst gesorgt haben. Das ist das Gegenteil von konspirativ und lässt den Schluß zu, dass er die Immobilien unter den Fittichen der Polizei oder Geheimdienste angemietet hatte. Er sei denn, der Mann war dümmer als die Polizei erlaubt. Und alle seine konspirativen Mitstreiter übrigens ebenfalls, die es zugelassen haben sollen, dass der aktenkundige, polizeibekannte Kriminelle, der auch noch kürzlich zur Fahndung ausgeschrieben worden war, als Hauptmieter aufgetreten war. Hätte dies nicht ein anderes Mitglied des angeblichen Netzwerkes übernehmen können?
Natürlich, aber das war offensichtlich nicht das Drehbuch gewesen. Die Dummheit der angeblichen Täter und der Polizei wurde dadurch unterstrichen, dass letztere behauptete, dass Khalid El-Bakraoui das Haus wie die Wohnung unter einem falschen Namen angemietet haben soll. Weil dieser Khalid ein ganz Schlauer gewesen sein soll, wie die Sicherheitsbehörden suggerieren möchten.
Das ist dumm und falsch zugleich, denn Vermietungen ohne Identitätsnachweis wie Personalausweis oder Reisepaß sind schlichtweg nicht möglich. (Ausnahme: Konspirative Immobilien der Sicherheitsbehörden im Auftrag derselben). Somit kann Khalid El-Bakraoui entweder vollkommen verblödet nur unter seinen echten Namen als Mieter aufgetreten sein oder er hatte einen falschen Ausweis besessen. Von einem falschen Ausweis war bei ihm allerdings nie die Rede gewesen. Den hätte er sich auch erst besorgen müssen, nachdem er seinen echten Namen dank seines eigenen Verhaltens praktisch unmöglich gemacht haben soll. Also umständlich einen neuen und falschen Paß besorgen als einen unbescholtenen Mitstreiter vorzuschicken?
Die Katze beißt sich in den Schwanz. Die Aussagen der angeblichen Täter stehen nicht zur Verfügung und werden nie zur Verfügung stehen. Es bleiben nur die Meldungen und Behauptungen der Sicherheitsbehörden, die uns auch in Sachen Gebrüder El-Bakraoui mit Märchen zu füttern versuchen.
In diesem Märchen erscheinen die vermeintlichen Täter wie bei den beiden Pariser Anschlägen als dumm und geradezu beeinträchtigt, aber auch als immer noch clever genug, um dem dümmsten aller Akteure nach den Verbrechen auf die Sprünge zu helfen. Und das ist die Polizei von Frankreich und Belgien. Und genau die soll weiterhin aufgerüstet und mit noch mehr Befugnissen ausgestattet werden.
Nachtrag:
Laut SPIEGEL-Online, deren Redaktion sich auf die Angaben der Staatsanwaltschaft berief, soll Khalid El-Bakraoui das Haus in Charleroi mit einem falschen Ausweis unter den Namen Ibrahim Maaroufi angemietet haben.
Das ändert freilich nichts an den oben getroffenen Feststellungen.
Quelle: Spiegel-online, 24. März 2016: Belgischer Justizminister räumt Fehler ein.
„Laut Staatsanwaltschaft wurde er seit Dezember verdächtigt , die Wohnung in Charleroi mit einem falschen belgischen Personalausweis unter dem Namen Ibrahim Maaroufi angemietet zu haben. Die Wohnung habe „der Terroristengruppe, die in die Anschläge von Paris verwickelt ist, als Versteck gedient“. Die Wohnung wurde demnach am 9. Dezember vergangenen Jahres von der Polizei durchsucht.“