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Brüssel, März 2016 – Ein Kommentar. Teil 20.

 

Grotesk war auch die Geschichte um die Abschiebung von Ibrahim El-Bakraoui. Den türkischen Angaben nach soll er am 14. Juli 2015 in ein Flugzeug nach Europa gesetzt worden sein. Aber nicht nach Brüssel, sondern trotz belgischer Staatsbürgerschaft ins niederländische Amsterdam. Angeblich soll es sich El-Bakraoui selbst ausgesucht haben – ein freundlicher Zug der türkischen Behörden.

https://en.wikipedia.org/wiki/Ibrahim_El_Bakraoui

 

Darüber, was nach seiner Ankunft mit der Pegasus-Airline in Amsterdam geschah oder vielmehr nicht geschah, wurden mehrere „Informationen“ in die Welt gesetzt, die nicht viel mehr als Gerede zum Inhalt hatten. Denn wirklich konkret war nichts. Mal soll El-Bakraoui nach Belgien überstellt, dort aber frei gelassen worden sein, mal soll sich die niederländische Polizei nicht zuständig gefühlt haben, da sie aus Brüssel keine Instruktionen erhalten habe. Wie auch immer, es änderte nichts an dem Umstand, dass Ibrahim El-Bakraoui die Möglichkeit bekommen haben soll, sich aus dem Staub zu machen. (Wenn auch kaum real).

Wäre El-Bakraoui nach Brüssel beordert worden, hätte er dort von der Polizei empfangen werden müssen. Nicht nur wegen der Abschiebung aus der Türkei, sondern weil er gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hatte und gesucht wurde. Fluglinien gehören zu den von allen Seiten bestens überwachten Transportmitteln, dort wird nichts „übersehen“.

Die Geschichte wäre in seinem Fall allerdings zu Ende gewesen, woran es ganz augenscheinlich kein Interesse gegeben hatte. Die Abschiebung aus der Türkei in die Niederlande diente als Schlupfloch, um El-Bakraoui nach seinem Auftritt in der Türkei wieder verschwinden zu lassen. Bei einer Landung in Brüssel wäre zu offensichtlich gewesen, dass die belgischen Sicherheitsbehörden ihr eigenes Spielchen spielten, auch wenn die Verlegung nach Amsterdam und die dortige Untätigkeit der Polizei gleichfalls wenig Vertrauen an der Richtigkeit der Darstellung erweckten.  

 

 

Folglich musste von den belgischen Behörden etwas erklärt werden, was nicht zu erklären war. Die türkische Regierung putzte sich allerdings in diesem medialen Terrorplot ab, indem sie angegeben hatte, die belgischen Behörden bezüglich der ersten Abschiebung vom 14. Juli 2015 informiert zu haben. Einmal, zweimal, dreimal – es spielt keine Rolle. Auf jeden Fall soll die belgische Botschaft in der Türkei informiert und dort ein Verbindungsoffizier mit dieser Angelegenheit betraut worden sein. Und der habe dann geschlampt, wie immer bei solchen Anlässen geschlampt zu werden scheint. Das wurde dann als „Fahndungspanne“ bezeichnet. Es wurden alle zuständigen Behörden informiert, dann aber… nicht ausführlich oder gar rechtzeitig genug.

http://www.nzz.ch/international/terror-in-bruessel/anschlaege-in-bruessel-streit-ueber-fahndungspanne-ld.9929

 

Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen ließen sich konkrete Verantwortlichkeiten verwässern. Da habe dann wohl jeder etwas „Schuld“ gehabt, wenn auch eine einzelne unbekannte Figur in Gestalt eines belgischen Verbindungsoffiziers mehr als alle anderen. Denn der habe schließlich wochenlang geschlampt, was so zwar nicht genannt wurde, dies aber auch noch innerhalb einer ganzen Kette von „unglücklichen Zufällen und Versäumnissen“.

Der Verweis, dass ein angeblicher Terrorismusverdacht – ohnehin ein Witz – zu spät kommuniziert worden wäre, war geradezu frech. Denn El-Bakraoui war aus anderen Gründen zur Fahndung ausgeschrieben gewesen. Die belgischen Sicherheitsbehörden hatten nach den Anschlägen in Brüssel ohnehin in dieser Angelegenheit das Maul gehalten, denn es war die Türkei gewesen, welche das vermeintliche Versagen auf das Tablett gebracht hatten.

Da wäre dem Mann in der belgischen Botschaft „ein Fehler“ passiert, doch wurde in Medien auch erwähnt, dass die Meldung über El-Bakraoui am 29. Juni nach Brüssel geschickt worden wäre – also immerhin noch zwei Wochen vor dem Flug nach Europa. Noch e i n Fehler?

http://www.badische-zeitung.de/ausland-1/athener-polizei-hatte-plaene-zu-bruessel-anschlag-entdeckt–119985949.html

http://www.dw.com/de/bericht-athener-polizei-hatte-pl%C3%A4ne-zu-br%C3%BCssel-anschlag-entdeckt/a-19143437

 

Auch im Artikel der „Finacial Times“ wurde deutlich, wie Schuldzuweisungen hin und her geschoben wurden, ganz ohne konkrete Konsequenzen. Diese angebliche „Fahndungspanne“, die unmöglich eine (von allen Seiten gleichzeitige) sein konnte, und das Spiel über Bande mit den türkischen Sicherheitsbehörden, dienten einzig und allein dazu, den vorbestraften Kriminellen Ibrahim El-Bakraoui glaubwürdig in einer Cover-Story einzubinden. So sinnlos dessen Aufenthalt in Gaziantep auch gewesen sein mag, übrig bleiben sollte das Konstrukt „IS-Jihadist“. Zwar gab es dafür keinen Beweis wie es auch zuvor keinen Beweis gegeben hatte, aber es war das einzige, was die belgischen Behörden als angebliche Vorgeschichte in die Menge werfen konnten. Es war besser als nichts, um ihn in der Rolle als angeblichen Selbstmordattentäter hinzustellen.

http://www.ft.com/cms/s/0/65c89c22-f1cb-11e5-aff5-19b4e253664a.html#axzz4GqWQJlNK

 

Die Taktik der Polizei und Geheimdienste, im Zuge von angeblichen Ungeschicklichkeiten und Pannen eine falsche Geschichte zu platzieren, um diese über ihre Handlanger in den Massenmedien bis zur Erschöpfung wiederholen zu lassen, ist ein alter Hut. Und sie ist täglich präsent.

 

Verlogen. 

 

 

Eine Legende um die zweite Abschiebung vom 25. August 2015 – das wurde ganz konkret genannt – wurde erst gar nicht geschaffen bzw. nicht in die Medien transportiert. El-Bakraoui wieder unterwegs, aber niemanden soll es angeblich interessiert haben. Trotz Nutzung des Luftweges, denn seine Ankunft soll auf dem Flughafen Antalya festgestellt worden sein. Sollen auch hier viele gleichzeitige „Fehler“ und „Zufälle“ ihre Finger im Spiel gehabt haben?

http://www.dailysabah.com/war-on-terror/2016/03/24/brussels-attacks-suspect-ibrahim-el-bakraoui-was-not-deported-twice-senior-turkish-official

 

Es war sicherlich geschickter, diesen Aspekt erst gar nicht in den westlichen Massenmedien zu erwähnen. Es hätte jemanden doch etwas auffallen können.

 

 

Donnerstag
18
August 2016
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