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Feindbilder in der ORF-Expertenrunde.

 

Das mediale Spektakel und die Stimmungsmache um die Hochzeit der österreichischen Außenministerin Kneissl und deren Ehrengast aus Russland, zu dem auch ein Gerhard Mangott seinen Teil beitrug, ließ uns einen Blick auf dessen Homepage werfen. Dort befindet sich das Video über das ORF-Format „Runder Tisch“ vom 7. April 2017.

Thema war hier der Giftgas-Vorfall von Khan-Sheikhoun in der syrischen Provinz Idlib gewesen, welcher sich am Morgen des 4. April ereignet haben soll. Neben Mangott waren als Diskussionsteilnehmer folgende Personen geladen: Petra Ramsauer, die als Autorin und „Journalistin“ vorgestellt wurde, Michael Linhart, Generalsekretär im österreichischen Außenministerium, sowie Walter Feichtinger vom Bundesheer.

 

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Von links nach rechts: Feichtginger, Mangott, der Moderator, Ramsauer, Linhart. Quelle: ORF 2, Screenshot. 

 

Der Moderater fragte nach dem Verursacher des Chemiewaffeneinsatzes, und er fragte auch, welche Beweise es geben würde, dass das „Regime Assad“ dafür verantwortlich sei.

Frau Ramsauer stellte erst einmal fest, dass keine Fakten („vom Boden“) existieren würden, was sie gleichwohl nicht daran hinderte, Bilder (!) in eine Richtung zu deuten, welche als Urheber auf die syrische Regierung weisen würden. Die Quelle dieser Bilder, die Terrorvereinigung Al-Kaida, wurde von ihr unterschlagen, wie sie auch verschwieg, wer diese finanzierte und ausrüstete. Sie vermied gleichfalls, die Interessen der einzelnen Konfliktparteien in den Raum zu stellen, um einen echten Diskurs zu ermöglichen. Stattdessen versuchte sie, ihre Meinung mit der Lüge zu untermauern, dass der Giftgasangriff von 2013 durch die syrische Armee („Regime“) erwiesen sei.

Ramsauer versuchte ihre faktenfreie Meinung anschließend wieder abzuschwächen, indem sie auf angeblich „starke Indizien“ verwies, die freilich nicht existierten, und betonte abermals, dass man Fakten „vom Boden“ bräuchte. Gleichzeitig stellte sie sich als eine Person hin, welche sich anscheinend um Fakten kümmern könnte, allerdings nicht im Al-Kaida-Territorium oder gar am Tatort. Wo genau in Syrien ließ sie außen vor.

Sie beteuerte, sich als „Journalistin“ seit Monaten um eine Einreise nach Syrien zu bemühen, und zwar ins „Regime-Gebiet“, was auch immer das sein soll. Diese Einreise würde ihr den eigenen Angaben nach verweigert werden, was nicht wirklich erstaunt, zeigte sie sich im ORF in nur kurzer Zeit als eine NATO-Sprechpuppe mit entsprechender Voreingenommenheit und entsprechendem Vokabular, deren Meinung jener des Pentagon und der von ihr nicht erwähnten Al-Kaida glich. Im weiteren Verlauf der Sendung fiel die Frau nur noch dadurch auf, mit Lügen angereicherte Kriegshetze zu verbreiten.

Als nächster durfte sich Gerhard Mangott äußern. Dieser stellte eingangs ebenfalls fest, dass die Belege fehlen. Aus dieser Feststellung heraus hätte wenigstens er die Konfliktparteien bei Namen nennen, die Interessenlage vor Ort und den Nutzen jedweder Akteure bei einem Giftgas-Vorfall darstellen können. Doch weit gefehlt, der „Experte“ verbreitete die Propaganda der Syrien-Invasoren:

„Aber mutmaßlich war es das syrische Regime und sehr wahrscheinlich ist die russische Begründung, dass es sich hier um ein Versehen habe, weil man ein oppositionelles Lager für Giftgas versehentlich bombardiert habe, nicht sehr glaubwürdig.“

Das war Meinung und Stimmungsmache, es gab nicht den geringsten Beleg für diese Behauptung. Auch Mangott bediente sich dem NATO-Jargon vom „Regime“ und formte die Al-Kaida-Formation „Jabhat al-Nusra“/“HTS“ zu einer „Opposition“ um. Die russischen Angaben wollte er ohne Begründung für unglaubwürdig erachten, was allerdings nichts anderes bedeutete, dass er die Darstellung einer Terrororganisation, bei der es sich um die einzige Quelle handelte, als glaubwürdig erachtete. Wenn Mangott schon nichts wusste, so wusste er eine plausiblere Möglichkeit von vorne herein auszuschließen.

Im Grunde reicht dies schon, um Mangott als angeblichen „Experten“ zu diskreditieren und ihn als NATO-Handlanger bloß zu stellen, der mit Wissenschaft („Politologe“) nichts zu tun hat, sondern die Meinung einer Kriegspartei zu verkaufen trachtete. Mit seiner unwissenschaftlichen Vorgehensweise beschämte er weiterhin:  

„Politisch relevant aber ist, dass Russland durch den Giftgasanschlag, der, wie gesagt, mutmaßlich von Assad durchgeführt wurde, vorgeführt wurde. Denn Russland hat beim letzten großen Sarin-Angriff 2013 zusammen mit den Vereinigten Staaten einen Kompromiß geschnürt, dass die Chemiewaffen aus Syrien abgezogen werden. Und Syrien ist damals der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen beigetreten als Nichtchemiewaffenstaat. Und Russland war so etwas wie die Garantiemacht, dass es nicht mehr zum Einsatz von solchen Chemiewaffen kommen würde, und dass tatsächlich alle Chemiewaffenbestände aus Syrien abgezogen worden sind.“

Erstaunlich war hier die erneut zur Schau gestellte Beschränktheit, in welcher Chemiewaffen alleine mit dem Staat Syrien in Verbindung gebracht wurde. Auch andere Staaten operieren in Syrien, von den Söldnerverbänden und Terrorformationen ganz abgesehen, und die fummelten gerne mit Kampfgasen herum. 

Und nun plötzlich dieser Anschlag. Das ist für Russland eine sehr peinliche Situation…“

Mangott entdeckte hier zumindest, dass Russland kein Interesse an einen Giftgasangriff haben konnte, doch entbehrte sein Rückschluss jeglicher Grundlage:

„… und zeigt meines Erachtens etwas, was häufig nicht beachtet wird, dass nämlich Russland Assad nicht immer in Griff hat und dass Russland in Syrien andere Kriegsziele verfolgt als al-Assad, und das ist eigentlich für Russland die große politische Katastrophe gewesen und schadet den russischen Vermittlungsbemühungen… den Verhandlungen zusammen mit der Türkei und dem Iran und der Opposition, die seit langem jetzt in der kasachischen Hauptstadt Astana durchgeführt worden sind.“

Mangott spekulierte und unterstellte – „mutmaßlich“ – der syrischen Regierung einen Giftgasanschlag, um anschließend auf dieser Spekulation eine weitere anzufügen. Das war nur heiße Luft, das war Verleumdung, das war Propaganda.

Bemerkenswert war hier allein die gezeigte Ignoranz, dass – ausgerechnet – Al-Kaida nicht einmal in die Nähe einer Mutmaßung kam. Ein rationaler wie kriminalistischer Ansatz, beide Seiten zu beleuchten und in Unkenntnis eines tatsächlichen Geschehens zu fragen, wer aus dem Giftgas-Vorfall einen Nutzen ziehen würde, wurde nicht einmal erwähnt.

Diese Antwort würde sofort in eine gegensätzliche Richtung deuten, und es war offensichtlich, dass dies penetrant vermieden werden sollte. Al-Kaida kam daher nicht vor, gab es einfach nicht, genauso wenig wie die ausländischen Mächte, die mit Hilfe dieser Söldner und Terroristen ihre Interessen in Syrien durchzusetzen trachteten.

Während sich Linhart – der Mann war einmal österreichischer Botschafter in Damaskus gewesen –  als eher einfältiger Geist präsentierte, der an A-Kaida-Bilder glaubte, bot Feichtinger als einziger einen rationalen Ansatz. Er stellte fest, dass ein kleiner Einsatz mit einer Chemiewaffe weder militärisch noch politisch für die syrische Regierung einen Sinn machen würde.

Obwohl natürlich auch er nicht sagen konnte, wie rational die Akteure vor Ort handeln würde, löste seine Aussage für einen Moment sichtlich eine Bestürzung bei der „Journalistin“ aus. Petra Ramsauer versuchte dem erregt entgegenzuwirken und untermauerte ihre Rolle unerträglich als verlogene Hetzerin, welche die Forderungen von Al-Kaida & Co. („Flugverbots-Zone“) als ihre eigenen platzierte. Was zumindest uns noch bei dieser Frau in ihrer Rolle fehlte war ein schwarzer Bart. 

Wir bleiben aber bei Mangott, der vom Moderator die Gelegenheit bekam, sich zu dem Raketen-Überfall der USA auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt zu äußern.

„Was auch schon darauf hindeutet, dass der Militärschlag der Vereinigten Staaten Ausdruck einer fehlenden Syrien-Strategie ist, aber vergangene Woche haben sowohl Außenminister Tillerson als auch die amerikanische UN-Botschafterin Haley gesagt, dass die Beseitigung al-Assads nicht mehr das prioritäre Ziel der Vereinigten Staaten ist.“

Auch Mangott stand vor dem Problem, dass er eine „Syrien-Strategie“ der USA nicht zu erkennen vermochte, weswegen er es sich einfach machte und diese als „fehlend“ bezeichnete. Bedauerlich umriß er nicht die US-Interessen in Syrien, um den Blick ein wenig zu öffnen, und die Motive, die syrische Regierung „beseitigen“ zu wollen, von der nicht vorhandenen Rechtmäßigkeit einmal abgesehen. Wie wir wissen, wurden durch US-Akteure in der Vergangenheit bereits zahlreiche, fast zahllose Regierungen „beseitigt“.

Also, die amerikanische Regierung hat signalisiert, wir kämpfen gegen den IS, was in Damaskus passiert, wer dort reagiert, ist uns völlig egal.“

Was die US-Regierung sagt, ist allerdings unerheblich, weil diese anders handelt. Dazu gehört auch der angebliche Kampf gegen den „IS“, der sich maximal sporadisch ereignet hatte und deren Reste sich heute nicht zufällig im Umkreis der illegalen US-Basis Al Tanf in Syrien befinden – und von dieser geschützt werden.

Darum ging es aber nicht. Mangott versuchte nur die Feststellung von Feichtinger zu parieren, dass die syrische Regierung militärisch und politisch kein Motiv für einen kleinen Giftgas-Einsatz haben würde. Dabei ging er etwas geschickter vor als die billige Hetzerin Ramsauer, denn er stellte nun – nach Feichtinger – ebenfalls heraus, dass dieser Aktion keiner Rationalität geschuldet war.

„Fünf Tage später soll al-Assad, der doch dadurch eine Bestandsgarantie erhalten hat durch die Vereinigten Staaten – und da bin ich bei Ihnen (zu Feichtinger) – entgegen jeder Rationalität diesen Angriff gestartet haben.“

Ja, das schien äußerst dumm, wenn nicht gar verrückt. Mangott nun auf dem Weg eines eigenen rationalen Gedankentums? Zum Beispiel mit der Überlegung, dass die Gegner der syrischen Regierung in Form ihrer Söldnerverbände am Boden und den Hintermännern im Ausland ganz rational ein Massaker inszenieren könnten, um zu einem gewünschten Effekt zu kommen, dem heiß ersehnten Kriegsgrund.

Nein, Mangott tat beschränkt und versuchte stattdessen ein nicht rationales Handeln bei jenen zu erklären, denen er ohne Belege „mutmaßlich“ eine Tat unterstellte:

Es ist nicht immer so, dass, wenn etwas unsinnig ist, es nicht doch getan werden kann, es ist nicht auszuschließen, aber es widerspricht völlig der Rationalität, …“

Alles ist möglich, das ist wahr, aber nur eine Möglichkeit wurde versucht zu erklären, während auch von Mangott alles andere ignoriert wurde. Das geschah nicht zufällig, denn im gleichen Satz erzählte er genau das, was das Pentagon in die Medien streute:

„… und man muss feststellen, für Trump war al-Assad offensichtlich letzte Woche tragbar, obwohl er hunderttausende Menschen getötet hat, obwohl er mit seinen Fassbomben sehr viel Menschen… sehr viel mehr Menschen getötet, als auch durch diesen Giftgas-Einsatz. Jetzt, durch diesen grässlichen Giftgasangriff ist plötzlich für Trump die Rationalität ganz anders und jetzt soll al-Assad gestürzt werden.“

Das entsprach haargenau der unbelegten Kriegspropaganda der USA (und ihrer Verbündeten), welche übrigens (auch) in Syrien Kriegspartei ist. Diese Tatsache wurde aber nicht aufgezeigt. Stattdessen wurde von Mangott die Behauptung platziert, dass es sich dort um einen „Bürgerkrieg“ handeln würde, ohne Beleg unterstellt, dass es sich bei Russland auch um einen „Völkerrechtsbrecher“ handeln würde, seine Vermutung, dass die syrische Regierung hinter dem Giftgas-Einsatz stecken könne, zu einer Wahrheit, die Behauptung aufgestellt, dass Assad keine politische Lösung (gegenüber vom Ausland ausgehaltenen Terroristen) wolle und dieser Staatschef jedes brutales Mittel für einen „Machterhalt“ einsetzen würde.

Somit lassen sich auch in diesem Fall mediale Protagonisten zuordnen und deren dumpfe Einlassungen zu Ereignissen wie eine Hochzeit mit russischem Ehrengast verständlich erscheinen.

Widerlich.

 

Sonntag
26
August 2018
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