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Welt in Bewegung…….aber wohin? Teil 1.

 

 

Gedanken anlässlich der offiziellen Eröffnungsfeier zur Landesausstellung 2019 „Welt in Bewegung“ in Wiener Neustadt am 29. März 2019.

Text und Fotos: „Arcimbaldo“.

 

Durch einen Zufall hatte ich unlängst die Gelegenheit bei dieser an sich ja geschlossenen Eröffnungsfeier dennoch persönlich anwesend zu sein. Ich war auch neugierig gewesen, neugierig auf das, was einem ja handverlesenen Publikum hier nun geboten werden würde. Der Geist dieser Landesausstellung spukte uns ja bereits seit Monaten im Kopf herum, und es wurden doch unerwartet massive und aufwendige Anstrengungen unternommen, um dieser Veranstaltung einen würdigen Rahmen zu verleihen und uns auch als Bewohner dieser Stadt irgendwie mit Stolz zu erfüllen.

 

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Bereits in der Nähe des Wasserturms konnte man lange schon vor Beginn der Veranstaltung die Musik mehrerer ländlicher Blasmusik-Kapellen vernehmen, die sich im Stadtpark und um das Festzelt in der Lederergasse postiert hatten, um die eintreffenden Gäste entsprechend einzustimmen. Das in letzter Zeit als offizielle Kulturlinie forcierte Motto, welches „Stadt & Land – Mitanand“ propagierte, ließ stets die Frage stellen, was das eigentlich bedeuten soll, waren sie ja doch auch früher nicht wirklich „gegeneinander“. Oder doch? Mir kam das merkwürdig vor, wo doch gerade die schwarze/türkise/blaue/braune Politik der letzten Jahre alles daran setzte, die Bevölkerung noch weiter zu spalten, deren Gruppen gegeneinander aufzuwiegeln und auszuspielen und den Wettbewerb nach unten mit perfiden Mitteln immer drastischer anzuheizen.

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Die gleichzeitige Beschwörung der Rechten eines „Miteinander“ und der permanente Aufruf zu mehr Gemeinsamkeit als politischer Slogan muss einem unter diesen Umständen wie blanker Hohn erscheinen. Wie überhaupt man sich natürlich ganz im Allgemeinen die Frage stellen muss, inwieweit es unter den derzeit herrschenden Verhältnissen einer völlig entsolidarisierten Gesellschaft – mit der höchsten Ungleichverteilung ganz Europas (!) – überhaupt noch vertretbar erscheint, ungeniert und öffentlich derart aufwendige und exklusive Feste auszurufen, die ja die eigentliche „Bevölkerung“, ohnehin ja bereits abgehängt, erneut wieder ausschließt.

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Einladung.

Dieses „Volk“, um dessen Wohl es ja angeblich immer so sehr geht, durfte sich dann wie zum Trost erneut bei einer Art „Feuerwehrfest“ in den nächsten beiden Tagen auf eigene Kosten vergnügen. Bei diesem gesponserten Luxusevent aber blieb die selbsternannte Elite, deren Zuträger und Günstlinge dann aber doch lieber unter sich, ganz getreu dem Weltbild der politischen Rechten, nachdem die Menschen ja nicht prinzipiell gleich, sondern nach feudalem Muster weiter in Herren und Diener einzuteilen sind, in Ausbeuter und Ausgebeutete, in Sieger und Verlierer.

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Wie es in heutiger Zeit dazu kommen kann, dass an den Rand gedrängte und minder-privilegierte Schichten überhaupt je auf die Idee kommen, solchen Parteien ihre Stimme zu geben, bleibt eine der großen Mysterien unserer Tage. Wo doch eine gerade in der ländlichen Bevölkerung besonders verbreitete Volksweisheit sagt: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber“ lässt sich das Ausmaß dieser kollektiven Fehlleistung nicht nur mit den offenbar eklatanten Bildungsdefiziten und deren nicht nur im Verständnis von Geschichte erklären. Die Frustration über die Auswirkungen des Turbokapitalismus hat offenbar langsam weite Teile nicht nur der bildungsfernen Schichten erreicht und eine Verunsicherung und Verzweiflung ausgelöst, in der sie sogar bereit sind irrationale Lösungsansätze zu akzeptieren, sich an angebotenen Sündenböcken jeder Art abzureagieren und sich, ähnlich wie in Sekten oder esoterischen Gruppen, zu gravierenden und lebensentscheidenden Irrtümern hinreißen zu lassen. Ein trauriges Bild in einer der reichsten und zivilisiertesten Ländern der Welt!

Dort anwesend dann auch nur lauter schmucke und sehr gesittete Leute des gehobenen Bürgertums, lauter „Sieger“, alle sehr etabliert und nach den Normen dieser politischen Rechten orientiert: Fast alle in Tracht, viel blau, manche Herren in blau gelben Lackschuhen, Damen in Joppen, eine Welt völlig ohne die Farbe rot, diese nicht mal an Accessoires zu sehen. Zusammen ein guter Querschnitt der durch die letzten Wahlergebnisse entstandenen Machtelite in unserem Land, ein Abbild der Verschränkung von Kapital und Politik, unter den Ehrengästen etwa Landeshauptfrau Mikl Leitner, der Präsident des Nationalrates Wolfgang Sobotka, der FPÖ Landesrat und Asyl-Beauftragter des Landes NÖ Gottfried Waldhäusl u.a. Trotz Kaiserwetter, feinen Getränken und vorzüglichen Häppchen, eine dennoch irgendwie gedämpfte Stimmung, kein spontanes Lachen, keine wirkliche Freude, eine Versammlung wie zur Pflicht.

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Dies offensichtlich auch zu recht, handelte es sich tatsächlich ja um den nur mäßig als Fest getarnten Wahlkampfauftakt für die Gemeinderatswahl im Jänner 2020, und da war natürlich nichts zu aufwändig, um sich insbesondere medial in Siegerpose zu inszenieren, und auch nichts zu teuer, um seine Stammklientel entsprechend zu bedienen und bei Laune zu halten.

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Besonders auffällig die farbliche Staffierung der ganzen Landesausstellung in der Farbe helltürkis, die, welch ein Zufall, auf den Ton genau die der Kurz-Wahlkampagne 2017 gleicht, einschließlich dem gleichen Motto „in Bewegung“ (!).

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Es gilt aber, natürlich wie immer in solchen Fällen, die Vermutung des Zufalls und der politischen Unschuld, hatte man sicherlich dabei doch rein nur das Gelingen des Projekts und das Wohl der Öffentlichkeit im Auge. Ein Lump, der darin eventuell politische Absichten oder gar geschickt verpackte Parteien-Werbung in dieser, immerhin mit einem Budget von 37 Millionen Euro ausgestatteten Ausstellung erkennen möchte. ( Im Vergleich dazu: Die gesamte internationale Dokumenta 14, April bis September 2017 in Athen, kostete „nur“ 34 Millionen ).

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Montag
06
Mai 2019
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