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Landesausstellung NÖ 2019: „Welt in Bewegung.“ Teil 6.

 

Zu diesem Zeitpunkt bereits ermüdet und abgeschreckt gingen wir ins Museum, wo zweifellos der bessere Teil der Landesausstellung zu finden ist. Übrigens wird dies in Zukunft auch ohne Landesausstellung so sein.

Der Bereich Mittelalter-Renaissance-Barock bedient im Kontext Wiener Neustadt allgemeine Infos zusammen mit Objekten recht gut, obwohl trotz gewisser massentauglicher Oberflächlichkeit der Raum zu klein, zu gedrängt ist. Ist eine Reisegruppe unterwegs, gelangt man kaum noch vorbei oder vor die gesuchte Vitrine.

 

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„Leben in der Stadt“ beinhaltet hier Kanonenkugeln und Hellebardenspieß.

 

Bei unserem Besuch wurden die den Texten beigefügten eher jugendlich gehaltenen Zeichnungen kontrovers diskutiert. Es ist eine Frage der Zielgruppe.

 

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Hier eines der interessantesten Stücke in der Ausstellung: eine alte Hakenbüchse.

 

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Neben anderem ebenfalls interessant: die Vitrine zum Thema Münzprägung.

 

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Der historisch betrachtet wichtigste Abschnitt der Stadt wird mit einem Text wie aus einem Kinderbuch eingeleitet.

 

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Dem folgt gleich eine zweite Seite wie aus einem Kinderbuch, dessen Autor das damalige Herrschaftsgefüge nicht ganz verstanden zu haben scheint.

 

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Richtig ist, dass jeder Herrscher in seinen Fürstentümern regieren konnte, wie er wollte und dies nicht dem Römischen König oder Kaiser oblag. Falsch ist, eine beabsichtigte Überforderung zu unterstellen, da es Anliegen gab, die alle Fürsten betrafen. Richtig ist, dass der Habsburger Friedrich gewählt wurde, weil er eine relativ geringe Hausmacht besessen hatte, um den Machtinteressen anderer nicht zu sehr ins Gehege zu kommen.

Kaum zu glauben, es folgt noch eine dritte Seite, in welchem es dem Autor offensichtlich wichtig gewesen war, das Ego der Stadtregierung zu befriedigen.

 

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Wiener Neustadt war für Friedrich bereits zuvor seine Wohnresidenz gewesen, als Herzog von Innerösterreich. Richtig ist, dass sich in Neustadt neben der landesfürstlichen ab 1440 auch die königliche (und später kaiserliche) Kanzlei befunden hatte, die dementsprechend aufgesucht worden war. Hier befand sich der Hof, der natürlich auch Händler, Handwerker, Spielleute etc. angezogen hatte. Hieraus aber das Zentrum des Römischen Reiches Deutscher zu Nation zu konstruieren, ist doch reichlich gewagt. Neustadt befand sich schon damals in der Provinz – und blieb es auch. Wirtschaftliche und kulturelle Zentren befanden sich woanders, zum Beispiel in Nürnberg oder in Köln.

Eine andere Texttafel bestach mit inhaltlicher Inkompetenz.

 

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Matthias Corvinus hatte 1462, während in Niederösterreich der Bürgerkrieg zwischen Kaiser Friedrich und seinem Bruder, Herzog Albrecht VI., geherrscht hatte, weder Friedrich III. noch Österreich angegriffen. Von dieser falschen Angabe abgesehen, geht aus dem Text nirgends die wichtige Information hervor, warum es später zu der langjährigen kriegerischen Auseinandersetzung gekommen war.

Natürlich durfte auch Andreas Baumkircher und seine Tat während der Belagerung Neustadts 1452 durch das österreichische Stände-Heer nicht fehlen.

 

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Die Quellen sind allerdings etwas widersprüchlich in ihren Angaben, ob es sich um das innere oder das äußere Tor gehandelt haben könnte. Ungeschützt war es jedenfalls nicht gewesen. Baumkircher, einer der sogenannten „Hofleute“ (militärisches Personal am Hof), gleichzeitig landesfürstlicher Pfleger und Pfandinhaber der Burg Schlaining, hatte laut dem Chronisten Piccolomini das Eindringen feindlicher Kräfte verhindert, als die eigenen Mannschaften wiederum durch das Tor geflohen waren. Die weitere Geschichte des „Helden“ wird übrigens weniger ins Rampenlicht gerückt.

Verlassen wir an dieser Stelle die historische Abteilung und kommen in den neuzeitlichen Bereich, welcher sich wohltuend von dem unterschied, was in den Kasematten zu beobachten gewesen war.

 

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Exemplarisch die Kapitel „Welthandel“ oder „Transport“.

 

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Hier hatte jedes einzelne Kapitel mehr Information als die gesamte den Kasematten angestellte Halle.

 

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Diese Darstellung von der Landesausstellung 2019 in Wiener Neustadt soll hier genügen. Zweifellos kann die von der Landes- und Stadtregierung bereits im Vorfeld geschürte übertriebene Erwartungshaltung keinerlei Bestätigung finden. Die gerne kommunizierte „Trägerrakete“ ist keine und dürfte sich ohnehin nur auf eine erhoffte Wirtschaftlichkeit beziehen, ganz sicher aber nicht auf ein Bemühen, der Bevölkerung Kultur und Bildung näher zu bringen. Vom Museum abgesehen, kann diese Landesausstellung von unserer Seite her nur als katastrophal schlecht bezeichnet werden.

 

Montag
28
Oktober 2019
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