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Schöne Neue Welt ? Teil 6.

Von René Triebl

 

Betrachtet man die Umstände dieser Krise genauer, drängen sich immer wieder Vergleiche mit 9/11, mit den Ereignissen nach den Anschlägen in New York im Jahre 2001 auf. Erinnerungen an diesen weltweiten Ausnahmezustand werden wach, wobei heute wie damals der Fokus gar nicht so sehr auf der Frage der Ursächlichkeit oder der Schuldfrage liegt, sondern auf Handhabung und Reaktion.

Heute wie damals trifft die Krise unvorbereitet und mit ungeahnter Wucht, bringt eine unerwartet hohe Opferzahl mit sich, erzeugt Unsicherheit, Verwirrung, Überforderung, erzwingt einen Ausnahmezustand.

Damals wie heute folgten die sofortigen Appelle zum „Nationalen Zusammenhalt“ zu Gemeinsamkeit usw. und der Ruf nach tiefgreifenden Konsequenzen.

 

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Wir alle konnten jedoch bereits beobachten, wie diese „Konsequenzen“ tatsächlich gestaltet wurden: Der öffentliche Diskurs wurde augenblicklich von den Freiheitsthemen zu den Sicherheitsthemen verlagert, bis dorthin unantastbare Freiheits- und Bürgerrechte wurden für alle massiv und bis zum heutigen Tag eingeschränkt. Unter dem damals neu etablierten Begriff „War on terror“, einer Art Blaupause zur Legitimierung der gesamten Politik in Folge, kam es zu einem gewissermaßen „undeklariertem“ nationalen „Ausnahmezustand“. Eine ganze Serie restriktiver Maßnahmen kamen zur Anwendung, die sich bis dorthin in den Schubladen vor allem ultrarechter Politiker befanden, und die sich unter regulären demokratischen Verhältnissen nie hätten durchsetzen lassen.

Heute wissen wir: Die darauf folgenden Einschränkungen waren teils ungerechtfertigt, drastisch überzogen und die dabei eingeschränkten Rechte, welche eine funktionierende Demokratie maßgeblich auszeichnet und legitimiert, blieben derart dauerhaft bestehen.

Die Geschehnisse nach 9/11 sind daher heute ein bedrückendes Beispiel, wie ein elitäres, neoliberales Establishment es vermag, den Zusammenhalt und das Gefühl nationaler Einigkeit in einem Land zu ruinieren und dieses langfristig zu spalten. Unmittelbar nach den Anschlägen konnte man sehen, wie groß noch die Anteilnahme in den ganzen USA war. Feuerwehrleute etwa aus Indiana legten spontan über 1200 km zurück, um sich an den Rettungsarbeiten am Ground Zero zu beteiligen.

New York galt damals als großartige Stadt, eine insgeheime „Hauptstadt“, die im Namen der ganzen Nation einen schweren Schlag erlitten hatte, und ganz Amerika trauerte gemeinsam und geschlossen. Durch katastrophale politische Entscheidungen, nicht nur hinsichtlich des Irak-Krieges, sondern auch innerhalb der USA, wurde diese nationale Einheit systematisch ausgelöscht und eine Verbitterung gegenüber der politischen Führung gefördert, die nie ganz abgeklungen ist. Heute gilt daher New York als abgehoben, als Hort überspitzt liberaler Intellektueller und Einwanderer, denen nun recht geschieht und die sich ihr trauriges Schicksal verdient haben. Niemand aus Indiana würde ihnen mehr zu Hilfe eilen.

Es ist leider dringend zu vermuten, dass diese Spaltung aus parteipolitischem Kalkül sogar in voller Absicht angestrebt wurde, um eine Situation zu schaffen in der eine weitgehend erschöpfte und abgelenkte Bevölkerung dadurch leichter in die Arme korrupter, rechtsgerichteter Populisten getrieben werden kann.

Für Europäer nicht so leicht zu erkennen herrscht in den USA tatsächlich eine Art Oligarchie, deren trotz Propaganda niedrige demokratische Fassade durch die Existenz zweier ähnlicher, im Grunde rechtsgerichteter Parteien gebildet wird und die beide in letzter Konsequenz der Finanzindustrie sowie dem militärisch-industriellen Komplex bedingungslos verpflichtet sind. Eine dieser Tage erschienene Videobotschaft des vormaligen Präsidenten Bush geht darauf sehr deutlich ein, indem er die Corona Krise dazu benützen will, die vorhandene Spaltung kleinzureden.

 

Quelle: Twitter.

Die zentrale Aussage: „ We all are Americans and finally our differences are so small“.

 

Die Wahl einer Figur wie Donald Trump aus der Partei „Republikaner“ in das Amt des US-Präsidenten war einem Protestverhalten der Wählerschaft gegenüber bereits diesem einheitlichen Establishment geschuldet. Breite Bevölkerungsschichten haben in ihrer Enttäuschung Donald Trump als einen Gegner des politischen Establishments wahrgenommen, ohne zu erkennen, dass natürlich auch er, der Milliardär, ein prominenter Bestandteil derselbigen ist – bloß einer anderen Lobbygruppe zugehörig. Sie haben, ohne es zu ahnen, den Bock zum Gärtner gemacht!

Was die Neocon-Regierung des George W. Bush („Republikaner“) als innenpolitisches Konzept vorbereitet hatte, scheint aufgegangen zu sein. Eine Allianz aus Rechtskonservativen, Finanzmagnaten und Sponsoren der Repulikaner verfolgen nun ungeniert und fast ungebremst ihre Interessen durch das Herunterfahren der Aufwendungen für das Gemeinwohl und die Ausbeutung öffentlicher Finanzen und Vermögen zu Gunsten privater Interessen.

Trotz der Wahl von Barack Obama („Demokraten“) 2009, auf den viele Bürgerrechtler und vor allem linke Intellektuelle große Hoffnungen gesetzt hatten, blieben nämlich viele dieser massiven Eingriffe in die Grundrechte im Wesentlichen aufrecht. Die USA wurden nie mehr das offene Land mit den Rahmenbedingungen zur weitgehender Selbstbestimmung wie zuvor. Im Gegenteil, die Regierung Obama/Clinton hatte außenpolitisch den übernommenen Kriegen noch einige hinzugefügt (Libyen, Jemen, Syrien), den Drohnen-Terror ausgeweitet und innenpolitisch die Umverteilung der Steuergelder von unten nach oben weiter fortgesetzt.

Als ein hässliches Symbol der damit einhergehenden Entrechtung steht das berüchtigte Folter-Lager Guantanamo (auf Kuba), welches sich bis zum heutigen Tag in Betrieb befindet.

Die Geschichte dieses Lagers ist eine Kette von Fehlannahmen und Entscheidungen, die nur aus der jeweiligen Situation heraus verständlich sind, aber im Rückblick oft widersinnig erscheinen. Es ist auch die Geschichte eines Propagandakriegs und ein Beispiel, wie unterschiedlich die Urteile ausfallen, je nachdem aus welcher Perspektive man darauf blickt. Der damalige Präsident Bush wählte die Militärbasis auf Kuba, weil dort angeblich Amerikas Rechtssystem nicht gilt. Es war seine Absicht, die Gefangenen rechtlos zu machen.

Nach den regelmäßigen „Verhören“ der bis zu 779 Insassen, bei denen zum Teil körperliche Gewalt angewendet wurde, muss die Regierung Bush nach gewisser Zeit gewusst haben, dass die meisten Insassen keine Terroristen sind. Dennoch blieb das Lager auch unter der Regierung Obama weiter bestehen, obwohl er dessen Schließung versprochen hatte. Weite Teile der US-amerikanischen Öffentlichkeit hatten allerdings den Fortbestand begrüßt, was nicht verwundert, wurde diese jahrelang massiv propagandistisch bearbeitet.

 

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Wie bereits schon in Deutschland nach dem berüchtigten Herbst´77 wurden die Aktionen einer Handvoll von Leuten als Vorwand benutzt, die Lebenswelt einer ganzen Bevölkerung umzustrukturieren und diese im Zuge der Ereignisse ohne nennenswerten Widerstand legal auszubremsen. Alles stets nicht nur mit Blick auf den gerade deklarierten Hauptfeind, sondern insgeheim auch darauf, mögliche zukünftige Systemkritiker oder Dissidenten bereits im Vorfeld abzuschrecken und mundtot zu machen.

Es frappiert uns daher in diesen Tagen besonders, wie leicht es auch in unserem geworden Land ist eine Zwangskollektivierung (Masken tragen im weiter aufrechten Verhüllungsverbot) praktisch über Nacht durchzusetzen, wenn man nur die Bevölkerung in ein entsprechendes „Mindset“ dazu setzt und besonders durch das Mittel des gezielten Schürens von „Angst“ gefügig macht. Daran wird erneut ebenso deutlich, wie es populistischen Parteien immer wieder gelingen kann, ihre konstruierten, teilweise absurden und ekelhaften Botschaften mit Erfolg in der Bevölkerung unterzubringen.

 

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Diese von den USA entlehnten Techniken der Manipulation führten auch hierzulande zu bizarren Wahlergebnissen und in Folge zu neoliberalen Bedingungen, welche die Ungleichheit immer weiter verstärkten und vor allem die Mitte und den unteren Rand unserer Gesellschaft massiv unter Druck setzte.

Dies alles sollte uns entsprechend alarmieren! Wir sollten nicht zulassen, dass unsere kritische Aufmerksamkeit und unsere berechtigten Vorbehalte erneut durch gezielte Propaganda, falsche Überschriften, und eine pervertierte Sündenbock-Politik vernebelt werden.

 

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Es ist nicht zum ersten Mal, dass wir dringend gefordert sind, aus der unmittelbaren Geschichte zu lernen! Österreich darf nicht zu einem zweiten USA werden!

Kolportierte 38 Milliarden Euro kommen nun in Österreich nach der akuten Phase dieser Pandemie zur Verteilung. Während andere noch trauern und ums Überleben kämpfen, bringen sich die „big player“ bereits in Stellung.

Es ist das Gebot der Stunde volle Transparenz einzufordern und ganz genau hinzuschauen, wohin dieses Geld fließt, damit wir nicht später erkennen müssen, dass es sich wieder um eine inszenierte und kaschierte Umverteilung von unten nach oben gehandelt hat.

Wie unsere Lebenswelt in Zukunft aussehen wird, in welchem rechtlichen Rahmen wir für unsere Freiräume noch ausleben können, die wir seit der französischen Revolution für uns mühsam erkämpft hatten, das entscheidet sich jetzt! Versäumte politische Gelegenheiten lassen sich meist nur sehr schwer nachholen. Wir können daher nicht wachsam genug sein, um nicht eventuell sogar plötzlich übermorgen in einem Land mit totalitären Zügen aufzuwachen, wie es in unserem Nachbarland Ungarn bereits geschehen ist.

Vergessen wir niemals: Unsere Lebenswelt basiert nur auf Vereinbarungen, auf Regeln, mit denen wir einverstanden sind oder eben nicht, und wir alle können sie entsprechend mitgestalten. Staats- und Gesellschaftssysteme sind kein „Schicksal“! Nur ein paar Wochen Einigkeit und Solidarität sind bereits genug um vormals unumstößlich Geglaubtes ins Wanken zu bringen. Gerade konnten wir alle das unmittelbar miterleben…….!

 

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Mittwoch
06
Mai 2020
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