Blog

Wie konnte ich das nur glauben? Aussteiger aus der Lügen-Szene erzählen. Teil 1.

 

Sie waren vom Weihnachtsmann überzeugt und meinten, die Corona-Impfung sei ein Mittel zur besseren Gesundheit. Wie Frauen und Männer den Absprung schafften.

 

IMG_0099

 

Sie glaubten an den Weihnachtsmann, an den Osterhasen und an Corona als Vorwand für eine Verbesserung des Gesundheitssystems. Wie Österreicher zu Lügenanhängern wurden und sich schließlich aus den Fängen abstruser Lügen und ekelhafter Heuchelei befreiten.

Wenn sie auf ihr früheres Weltbild zurückblickt, wirkt sie geradezu entsetzt. Es geht darin um den Weihnachtsmann, der mit einem Renntier-Schlitten kommt. Um George W. Bush und Barrack Obama als Retter der Welt. Und um die Corona-Impfung, geschickt von Gott, um sie alle zu bekehren. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Zu groß sind die Befürchtungen, ihre berufliche Tätigkeit zu gefährden. Stattdessen möchte sie „Frau Johanna“ genannt werden. Eine Frau Mitte 50, angestellt, die damals des Berufes wegen aus Vorarlberg nach Niederösterreich kam. Und die es schaffte, sich aus der Welt der Lügen zu befreien.

Angefangen hatte alles vor knapp 21 Jahren. Bei einem Fortbildungsseminar als Versicherungskauffrau erzählte ihr ein Referent von einem Krampus, der vor seinem Haus gestanden sei. Gefährliche Zeiten stünden bevor. Die Russen würden in Österreich einmarschieren und die Bevölkerung umbringen. Das Klima würde sich erwärmen und die Meeresspiegel ansteigen lassen. „Mein erster Gedanke war: das ist schwachsinnig. Doch sind diese verrückten Ideen in meinem Kopf kleben geblieben“, sagt Frau Johanna.

Zahlreiche Jahre später, sie war bereits nach Niederösterreich gezogen, sprach sie eine Frau bei einem Billig-Discounter an. Sie sei Teil einer Gemeinschaft, die sich mit politischer und gesellschaftlicher Reformation beschäftige. Sie lud sie zu einer Versammlung ein, die Frau Johanna etwas später besuchen sollte. „Ich habe sofort mitbekommen, dass das schräge Menschen sind. Aber drei von ihnen waren berufstätig und verheiratet. Wir haben Freundschaft geschlossen.“

Sie erzählten ihr, die Massenmedien würden die Wahrheit sagen. Die Lügen wären nur im Internet zu finden. Die staatlichen Kanäle und die Konzernmedien seien dagegen seriös, nicht von Interessen gesteuert und der Wahrheit verpflichtet. Falschmeldungen und Hetze würden dort nicht zu finden sein. Dies war der Beginn ihrer desolaten Phase, wie Frau Johanna meint. Fortan grub sie sich durch TV-Kanäle wie ORF, ARD und ZDF oder durch Printmedien wie KURIER, PRESSE und SPIEGEL.

Die dunkle Panikmacherei über Al-Kaida und IS-Terror riefen in ihr eine Angst hervor, dass sie sich Tränengas und ein Klappmesser beschaffte. Als Obama an der Macht war, war sie sich sicher, dass nur er sie vor dem Terror bewahren könne. Und als die Geschichte mit der Pandemie erzählt wurde, glaubte Frau Johanna, die Chinesen würden sie mit Viren vernichten wollen. „Ich bin richtig hineingekippt.“

Für Frau Johanna waren die auf allen Kanälen gestreuten Verschwörungstheorien wie eine Sucht. Jeden Tag benötigte sie ihre Dosis bedrohlicher Prophezeihungen aus dem TV-Gerät. Sie fühlte sich mit ihrem Wissen überlegen, lebte aber auch in ständiger Angst. Sie habe gezittert und sei von ihren Freundinnen kaum wiedererkannt worden. Ihr Lebensgefährte hatte ihr dann eine Frist gesetzt. „Er hat gesagt, dass er sie verlassen würde, sollte sie nicht binnen einer Woche damit aufhören. Das sei wie eine Ohrfeige gewesen, die sie gebraucht habe.“

Sie suchten die Bundesstelle für Sektenanfragen auf. Nach einigen Sitzungen habe sie sich gewundert, dass sie dort das zu hören bekam, was sie jahrelang in den TV-Staatssendern und aus dem Radio gehört hatte. Von einem Freund habe sie dann erfahren, dass die Bundesstelle für Sektenanfragen dem Kanzleramt angeschlossen ist, dessen Chef gleichlautende Botschaften öffentlich ausspricht. Daraufhin habe sie es verstanden und von heute auf morgen den Fernseher und das Radio entsorgt, die GIZ abgemeldet und sich somit von den für sie so reizvollen Rattenfängern getrennt. Das war vor neun Monaten.

Mittlerweile ist die knapp 55-Jährige auf zahlreichen Demonstrationen in Wien zu finden. Die Furcht konnte sie mit Recherchen in wissenschaftlichen Publikationen überwinden. Lächelnd sagt sie, dass sie nicht mehr auf die Scharlatane hereinfallen würde. Sie sei übrigens gesund, aber viele Geimpfte in ihrem Umfeld wären schlecht beieiander. Und die Russen würden auch nicht kommen, wie medial behauptet werden würde, meint Frau Johanna. „Die Russen wurden in der Geschichte immer von westlichen Staaten überfallen, nie umgekehrt.“

 

Dienstag
25
Januar 2022
Kommentare deaktiviert für Wie konnte ich das nur glauben? Aussteiger aus der Lügen-Szene erzählen. Teil 1.
This entry was posted in Blog, Neuigkeiten. Bookmark the permalink.

Comments are closed.