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Eindrücke von einer Reise nach Deutschland. Teil 4.

 

Eine bundesdeutsche Begegnung kam mit weniger Worten aus. Der kurze Dialog entsprang aus einer Situation, in welcher die Dame, eine Akademikerin, dem Gerede des bundesdeutschen Chef-Lobbyisten der Pharmaindustrie Folge leistete und entsprechend befand, sich in einer Umgebung freiliegender Gesichter „schützen“ zu müssen – als einzige. Der folgende Dialog war zwangsläufig und aus dem Grund kurz, weil sich die bundesdeutsche Bürgerin freimütig als Anhängerin des Fundamentalismus outete. Sie glaube diesen und jenen massenmedial gestreuten Botschaften, weil sie diesen glauben wolle, sagte sie. Punkt.

Keine Frage, es schien schleierhaft, wie sich ein Mensch derartig selbst beschränken konnte, um in einem quasi-religiösen Habitus zu verharren, welcher nicht nur sämtliche Auseinandersetzungen blockieren musste, sondern eine persönliche Entwicklung insgesamt. Das heißt nicht, dass andere Themen nicht möglich gewesen wären, es war möglich. Doch nur unter dem Ausschluß praktisch aller gesellschaftlichen und politischen Bereiche, einschließlich den übergreifenden Zusammenhängen. Dort war wenig erstaunlich ohnehin keine Kompetenz zu finden. Und wenn Glauben mit einer Meinung kombiniert wird, ohne die geringste Kompetenz vorweisen zu können, kann es nur peinlich werden. Die Lösung: bestimmte Themen werden schlichtweg verweigert.

Wer keine Fragen hat, wird kaum nach Antworten suchen. Manchmal ist es einfaches Desinteresse, manchmal schlichte Überforderung, manchmal Faulheit. Die Erwiderung, dass eine Recherche zu mühsam oder zu langwierig sei, wurde gleich mehrmals vernommen. Einfacher schien es, im TV eine einzige Meinung von mehr als zwei Personen vorgekaut zu bekommen um sich eine Auseinandersetzung zu ersparen.

So eine weitere bundesdeutsche Begegnung, welche im Brustton der Überzeugung die Botschaften von Regierung, Lobbyisten, Massenmedien, Geheimdiensten und Kirche wiedergab, um diese als vermeintlich eigene Meinung einzukleiden. So wurden von gleich zwei Personen zum Thema Ungarn und Orban unabhängig voneinander die selben Phrasen gedroschen, wie sie aus EU-Brüssel unters Volk gebracht werden.

Zur Regierung Orban mag man stehen wie man will, sie versucht sich von der EU zu emanzipieren und eine Souveränität zu bewahren – und dennoch deren Gelder anzunehmen, ohne aber Teil einer destruktiven Politik zu werden, wie es sich auch aktuell zeigt. Zudem hat die Regierung zum Ärger der transatlantischen Meinungsmacher die Mehrheit der ungarischen Bürger hinter sich, etwas, was beispielsweise die österreichische Regierung nicht von sich behaupten kann.

Darum geht es hier aber nicht, es geht um die politische und die massenmediale Darstellung der ungarischen Regierung, welche an Heuchelei ebenfalls kaum noch überboten werden kann. Bei den bundesdeutschen Protagonisten war die ihnen in die Münder gelegte Meinung, „Orban“ würde die Medien unter seine Kontrolle bringen und die letzten „freien“ Medien ausschalten, besonders lächerlich – um hier nur ein Beispiel zu nennen.

Es implizierte, dass sich in Deutschland und in Österreich (und anderswo) die Massenmedien nicht unter der Kontrolle von irgendjemanden befinden würden, sei es staatlich oder in „privater“ Millionärshand. Es implizierte, dass sich hinter ihnen keine Interessensgruppen und Interessen befinden. Es implizierte, dass „bei uns“ die massenmediale Landschaft „frei“ sei, nur eben in Ungarn kaum noch. (Und in „Feind-Staaten“).

Diese Ausformungen an fehlender Bildung über das Herrschaftsinstrument schlechthin – das Massenmedium, die zur Schau gestellte Naivität, die gedankenlose Übernahme von Botschaften anderer, die mangelnde Reflexion in Anbetracht einer Konsensfabrik, wo (fast) sämtliche Massenmedien inhaltlich vollkommen ident sind, mag immer wieder erschreckend einwirken. In einer Zeit, in welcher in Deutschland die einzig tatsächlich unabhängige Tageszeitung, eine „linke“ Zeitung, unter Beobachtung des Inlandsgeheimdienstes steht, wo im selben Land abgeschaltet und zensiert wird, wo bei öffentlich anderer Meinung diffamiert, verleumdet, bedroht und auch vernichtet wird und wo ein Propagandaapparat unterhalten und finanziert wird, der in Afrika den Hunger beseitigen könnte, hier aber nur der Manifestierung von Herrschaft im NATO-Raum dient.

Die Stadt Bamberg in Oberfranken ist übrigens auch schön. Aber die Liebste wollte nicht mit nach Deutschland. Sie sagt, dass sie sich dort nicht mehr wohl fühlt.

 

Dienstag
05
Juli 2022
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