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Von Beruf Politikwissenschaftler 2.

 

Für den STANDARD gab Mangott ein Interview, welches in der Printausgabe vom 30. Januar 2024 erschien. Der Titel wurde hinsichtlich der bevorstehenden Wahlen in Russland einem Zitat des Politwissenschaftlers entnommen :

„Putin will eine Krönung, keine Wahl.“

Mangott: „Putin will keine Wahl, sondern eine Krönung“ – Russland – derStandard.at › International

Der STANDARD, der es wie die anderen Blätter nötig hat, immer wieder zu behaupten, dass es sich hierbei um ein „seriöses Qualitätsmedium“ handeln würde, offenbarte freilich mit diesem Artikel bereits auf dem ersten Blick das Gegenteil. Dem Artikel wurde entgegen journalistischer Standards nämlich ein großes Bild vorangestellt, welches die potentiellen Leser sofort emotional in die gewünschte Richtung manipulieren sollte.

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(Screenshot, STANDARD, 30. Jan.2024).

 

Das machte – ob beabsichtigt oder nicht – den Politwissenschaftler Mangott zu einem Teil dieser unseriösen Agitation. Er wurde als „Russland-Kenner im deutschsprachigen Raum“ vorgestellt, als eine Person, die „stets“ nüchtern analysieren würde, was „im Kreml und hinter den Kulissen“ geschehe – „möglichst frei von politischem Aktivismus, von Parteinahme und von Emotionalisierung“, so wird er zitiert.

Mit dem vom STANDARD vorangestellten Foto kann dieses artikulierte Vorhaben freilich bereits zu Beginn als gescheitert angesehen werden. Ein von Mangott neu herausgebrachtes Buch („Russland, Ukraine und die Zukunft“), welches bei dieser Gelegenheit beworben wurde, stand hiermit in einem ungünstigen Licht. 

Der STANDARD-Redakteur Niederndorfer startete das Interview mit der Frage an Mangott, ob dieser von „Putins Angriffsbefehl am 24. Februar 2022″ überrascht gewesen sei. Der Politwissenschaftler antwortete, dass er schon im Januar 2022 mit einer militärischen Eskalation gerechnet habe, nannte aber leider nicht den Grund. Nach der Anerkennung der beiden sog. „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk am 21. Februar habe er „eher“ eine Wiederaufnahme der Kämpfe im Donbass erwartet, so Mangott.

Nun, besitzt diese Meinung eine Relevanz? Mit der Anerkennung der beiden sog. „Volksrepubliken“ durch Russland kam es nicht zuletzt durch den zunehmenden Beschuss des ukrainischen Militärs auch zu einem Beistandsvertrag, der bei weiterer militärischer Eskalation Russland automatisch zu einem direkten Konfliktgegner machen musste. Dieser wurde seitens der Ukraine (bzw. jener Mächte, die dahinter stehen) mit einer weiteren Verstärkung des Beschusses geradezu provoziert. 

Mangott hatte sich wie viele andere geirrt, denn russische Streitkräfte hatten daraufhin eine großräumige Invasion in die Ukraine begonnen. Der Politwissenschaftler sah dies als einen „strategischen Fehler“ an, das heißt, er bewertete die russische Handlung, ohne allerdings auszuführen, wo er diesen „Fehler“ verortete. Diesem Gerede setzte er peinlicherweise die Krone auf, dass er den Angriff nicht erwartet habe, weil es ihm „unlogisch“ erschien und sogar „bis heute“ unlogisch geblieben wäre.

Im Grunde war dies nichts anderes als ein Eingeständnis, wenn er schon die Logik der anderen Seite nicht nachzuvollziehen vermochte, dass seine analytische Befähigung offensichtlich einer starken Beschränkung unterliegt.

Dem STANDARD-Redakteur schien es zu genügen, denn als Stichwortgeber war ihm danach das persönliche Bild Putins von Mangott wichtiger. Niedernhofer wollte etwas später von dem Politwissenschaftler auch wissen, ob denn Putin „überhaupt ein rationaler Akteur“ sei. Es ging hier nicht um ein Geschehen, sondern um eine Meinung, die ganz offensichtlich negativ beantwortet werden sollte. Tatsächlich nahm Mangott den Ball insofern auf, in dem er von Putin seiner „eigenen Rationalität“ sprach, also von etwas, was wir alle auf die eine oder andere Art besitzen. Doch behauptete er weiter:

„Diese Rationalität ist aber aufgrund von Informationslücken oder falscher Nachrichten, die ihm kommuniziert werden, aber auch durch persönliche Emotionen von der Wirklichkeit in manchen Bereichen deutlich entfernt.“

Bumm! Das hatte gesessen! Der Politwissenschaftler aus Innsbruck weiß besser Bescheid als Putin in Moskau! Und mit seinem Hobby als Psychoanalytiker ist er auch bestens über dessen Gefühlsleben informiert.

Die hier gezeigte Niveaulosigkeit ist beschämend, aber für ein Blatt wie den STANDARD standardmäßig im Programm. Der Interviewpartner spielte mit und behauptete hinsichtlich der zu diesem Zeitpunkt bevorstehenden Wahlen in Russland:

„Die Wahl ist keine Wahl, die diesen Namen verdienen würde, sondern eine Krönungszeremonie.“

So geht Politwissenschaft ohne Wissenschaft!

Im März 2018 hatte Mangott übrigens dem STANDARD den selben Quatsch erzählt:

Russland-Experte Mangott: „Putin wollte eine Krönung“ – Russland – derStandard.at › International

Hinsichtlich einen russischen Gegenkandidaten bei der Wahl 2024, Boris Nadeschdin, spekulierte Mangott im Interview ein wenig herum, wenn, dann… oder kann auch, aber… usw., um schließlich zu behaupten:

„In einer manipulierten Wahl würde er Putin aber ohnehin sicher nicht gefährlich.“

Dem kann locker entgegengehalten werden: in einer nicht manipulierten Wahl auch nicht. Aber zum Glück wurde noch nicht gewählt, auch wenn Mangott eine künftige Manipulation bereits unterstellte. Was anderes ist von den verschlagenen Russen nun wirklich nicht zu erwarten. Die sind ganz anders als „wir“. 

 

 

Mittwoch
27
März 2024
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