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In der Stadt tut sich ‚was!

 

In der Stadt tut sich ‚was.

Die zeitliche Ausweitung des kostenpflichtigen Parken in der Innenstadt hatte sich als Flop erwiesen. Auswärtige Gäste hatten es unter diesem Aspekt häufig vorgezogen, nicht länger in der Stadt zu verbleiben als nötig. So das Fazit der Stadt und des Unternehmervereins.

Nun soll diese Regelung wieder rückgängig gemacht, allerdings im Gegenzug die Parkgebühr auf 0,60 Euro je halber Stunde erhöht werden.

Wir sind skeptisch, ob diese Null-Rechnung aufgehen mag. Es könnten abends verlorene Gäste zurückgewonnen werden, doch möglicherweise könnte es sich um jene handeln, die nun tagsüber nicht mehr kommen.

 

Der Zusammenhang mit einer Innenstadtbelebung erschließt sich allerdings nicht. Da die Stadt angeblich bemüht sein soll, Maßnahmen für die Innenstadtbelebung zu finden, scheint die Frage gerechtfertigt, ob hier nicht kontraproduktiv den vermeintlichen Bemühungen entgegengewirkt wird. Mit dem weiteren Ausbau des Fischaparks wird diese Umverlagerung und Abwanderung von Gästen und Bewohnern definitiv weiterhin forciert.

Dieser Fischapark befindet sich zwar am Stadtrand, doch da es sich bei Wr. Neustadt um eine kleine Stadt handelt, ist dieses Einkaufzentrum alles andere als weit entfernt. Es befindet sich quasi nebenan. So ist es als shizophren zu bezeichnen, einerseits den Fischpark und gleichzeitig eine Kauflandschaft in der (gebührenpflichtigen) Innenstadt errichten zu wollen, andererseits genau diese mit mit dem Aufblasen des Fischparks zu boykottieren.

 

Beides kann man so nicht haben, jedenfalls nicht nebeneinander. Dies scheint nicht in die Köpfe der Stadtregierung zu gehen, weswegen eine Lösung für die Innenstadt auch nicht in Sicht ist. Weil sie nicht in den Sinn kommt. Weil es nicht verstanden wird, dass das eine logischerweise anders sein muss als das andere, um bestehen zu können. Weil in diesen Köpfen „Belebung“ abstrakt mit Kauf und Konsum gleichgestellt wird. Und dies auch noch vollkommen losgelöst von dem Umstand, dass sich gerade die Zeiten ändern.

Eine kostspielige politische Psydoumfrage versuchte soetwas wie einen Wohlfühleffekt zu erzielen, nach dem Motto: hey, wir fragen auch Sie und Dich. Nur: wonach? Eine kostspielige Beratungsagentur wurde bereits vor einiger Zeit laut Zeitungsmeldungen angeheuert, um den strukturellen Problemen auf den Grund zu gehen, insbesondere die Fußgängerzone Neunkirchener Straße betreffend. Von der haben wir nie wieder etwas gehört, nur die kolportierten Kosten von 20.000,- Euro sind im Gedächtnis geblieben. Dabei ist ja grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, teure Spezialisten von außerhalb anzuheuern, wenn man innerhalb des eigenen Beamten- und Angestelltenheeres zu keiner vernünftigen und kreativen Idee kommen kann.

Neunkirchner Straße von Süden.

 

Nachbarn aus der Neunkirchener-Straße und Umgebung gaben jedenfalls gratis und unbürokratisch schnell zur Auskunft, dass die Mieten dort viel zu hoch wären, und die Kosten und Abgaben überhaupt. Auch auf das wenig originelle Umfeld wurde hingewiesen, trotz der millionenteuren Sanierung der dortigen Fußgängerzone. Ganz abgesehen von den Parkgebühren, welche die Gäste permanent auf die Uhr schauen ließen. Filialen von Ketten und Konzernen würden sich noch eher die Mieten leisten können, doch würden diese natürlich klugerweise nebenan im – von der Stadt protegierten – Fischapark ansiedeln und auch locker mit dem Fahrrad zu erreichen sein.

 

Ist nun Schizophrenie heilbar? Das wissen wir nicht, halten es aber für vorteilhaft, wenn man dieses Faktum wenigstens anerkennt. Da wurde über ein 100.000,- Euro-Klo gequatscht, gleichzeitig aber der etablierte „Kinosommertraum“ abgewürgt und mit ihm logischerweise das ansonsten in Scharen einströmende Publikum. Zum Glück nur fast, wie wir heute wissen. Zumindest für dieses Jahr ist diese Veranstaltung gerettet worden, aber die Außendarstellung der Stadt war ein PR-Desaster.

Sollte Schizophenie in Wr. Neustadt doch nicht heilbar sein, sollte dem Unvermeintlichen auf anderem Wege begegnet, das bestehende innerstädtische Vakuum durch andere Inhalte gefüllt und gefördert werden. Originelle Kleinanbieter sind zwar mangels finanzieller Masse chancenlos, doch für den Gastronomiebetrieb sieht es dagegen recht gut aus. Würde man diesen zudem mit Inhalten koppeln, mit einem Kulturbetrieb, welcher in der Lage sein würde, immer wieder neue Reize und Neugierde zu schaffen, könnte nicht nur die Besucherzahl steigen, sondern diese auch gehalten werden. Nachhaltigkeit ist hier ein Schlüsselwort. In Verbindung mit Geist und Anspruch.

Das geht offenbar aber nur, wenn man diesen selbst besitzt.

 

In der Singergasse entsteht immerhin ein Kulturzentrum, das ist eine positive Nachricht. Freilich handelt es sich hier um eine aufwendige Privatinitiative, wird aber erfreulicherweise von der Stadt mit gefördert.

Städtische Liegenschaften werden dagegen weiterhin verscherbelt. Eine Reihe davon standen jahrelang leer und wurde nicht einmal befristet nutzbar gemacht, trotz laufender Kosten und Leasingverträgen. Das Gebäude des sog. „Alten Dorotheums“ sowie das ehemalige Gesundtheitsamt nebenan werden nun an Uhl verkauft (oder gegen ein weniger interessantes Areal „getauscht“ oder sonstwas). Zuvor war es nicht einmal möglich gewesen, für drei Tage eine Drehgenehmigung innerhalb des Gebäudes für einen innerstädtischen No-Budget-Film zu bekommen, der – natürlich – in der Stadt auch nur auf Veranstaltungen gezeigt werden kann, die einer Privatinitiative entspringen.

Die Stadtregierung hat für derartige Unternehmungen keinen Sinn und kein Interesse. Kultur ist eben doch noch ein Fremdwort und höchstens in Verbindung mit Volksfestveranstaltungen und diversen Saufständen akzeptabel. Geist ist hier nicht gefragt, Geist wird auch nicht gezeigt. Dass Kultur auch hergestellt muss, scheint man auch noch nicht begriffen zu haben. Stattdessen setzt auch hier in Zeiten des Sparens der städtische Kauftrieb ein: lieber teuer von außerhalb irgendetwas einkaufen als die eigenen städtischen Künstler mit nur 10% der Mittel zu unterstützen.

 

„Noch mehr Parkplätze für eine tote Stadt?“ war ein spontanes Zitat einer besorgten Bürgerin, als sie von dem angestrebten Verkauf des kleinen Szokoll-Parks durch die Stadt erfahren hatte.

Den Bürgern wird dies als eine grandiose Idee verkauft. Sicherlich, das Szokoll-Denkmal wurde erst 2009 mit großem Tam-Tam und erheblichen Kosten eingeweiht, sicherlich, ein Baum und das Denkmal werden (irgendwo) stehen bleiben, auch die Trafik an der Spitze des Areals, aber was ist gegen das Verschwinden einer weiteren Grünfläche einzuwenden, wenn dafür eine Tiefgarage mit rund 200 Stellplätzen ausgegraben werden könnte. Und was ist schon gegen das Kalkül einzuwenden, dass neben der bestehenden Theater-Tiefgarage und den beiden schlecht belegten Parkhäusern in der Ungargasse und in der Grazer-Straße das gehfaule Kaufvolk sich selbst auch aus nördlicher Richtung direkt in die Neunkirchener-Straße transportieren könnte! Um diese endlich zu beleben!

Der größenwahnsinnige Aspekt ist in Anbetracht der kleinen Stadt (8 Minuten zu Fuß an der Nord-Südachse, 6 Min. Ost-West-Achse) nicht von der Hand zu weisen. Nicht vergessen sollte man auch, dass auch diese Autostellplätze natürlich kostenpflichtig sein werden. Und an der Neunkirchener-Straße selbst ändert sich auf diese Weise ohnehin nichts.

Ja, gut, sie wird natürlich hässlicher werden und sich aus demselben Grund auf der anderen Seite in das ehemalige Ostblock-Design der Grazer-Straße einfügen. So, wie die Stadt nun auch ein Hotel in den Stadtpark setzen möchte, gleich neben dem baulichen Verbrechen „Leiner“. Nicht für das Stadtbild, sondern für das andere Stadtbild.

 

Bereits 2010 hatte die Stadt das Vorhaben eruiert, den Szokoll-Park an städtische Großgrundbesitzer zu veräußern, um an Geld zu kommen. Daher bleibt auch hier nicht der Verdacht aus, dass mit dem Verkauf des Parks und der auch überirdischen Bebauung ganz andere profitieren mögen, die mit der Neunkirchener-Straße nur etwas aus Bau- und Vermietersicht zu tun haben könnten. Und sonst nichts.

Deswegen wird dann gerne über die Nichtzeitung NÖN die doch sehr vage Hoffnung verbreitet, dass zum Beispiel die Errichtung eines Bürogebäudes für einen neuen Impuls der Neunkirchener-Straße sorgen könnte. Ein Bürogebäude!

Das ist ein totes Gebäude.

Es zeigt sich auch hier, dass man unter der „Innenstadtbelebung“ vor allem den Antransport von Menschen versteht, die nichts anderes im Sinn haben sollen, als ein stumpfsinniges kaufen, kaufen, kaufen. Und konsumieren. Am besten irgendeinen sinnlosen Scheißdreck. Dieser ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, dort immerhin zu finden.

Im KRONE-Konkurrenzblatt „KURIER“ war am 22. Juni 2012 ein Artikel über Wr. Neustadt zu finden, welcher mit der Schlagzeile „Neues Konzept zur Belebung der City“ Hoffnungen erwecken sollte.

In dem Artikel war zu lesen, dass es nun die Stadtmarketing-Beratungsagentur „CIMA“ richten solle. Mit frischem Wind und einem Kozept. Von der Abgabe der Verantwortung an den „Willen“ (nicht „Können“) der Unternehmer und dem „Schicksal“, welches es in die eigene Hand zu nehmen gilt, wurde auch gleich berichtet. Und das für lumpige 40.000,- Euro, von denen die Stadt 24.000,- Euro übernehmen würde.

Für diese 40.000,- Euro gab es bereits eine theoretische Vorschußleistung: die Idee eines unerwechselbaren Gesichts für die Einkaufsstraße, die Idee eines „kulinarischen Schwerpunktes“ und nicht zuletzt auch die Idee von „bunten Sitzmöbeln“, die zum Verweilen einladen sollen.

Und natürlich zum Einkaufen, ist doch logisch! Am besten gleich mit den bunten Stühlen.

 

Dienstag
26
Juni 2012
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