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Brüssel, März 2016 – Ein Kommentar. Teil 16.

 

Die französischen und belgischen Sicherheitsbehörden lügen, und sie lügen nicht ohne Grund. Salah Abdeslam lügt vermutlich ebenfalls, denn seine Rolle weist eine zu den Erklärungen der Sicherheitsbehörden gegensätzliche Richtung auf, die eher den Eindruck einer verdeckten Zusammenarbeit vermittelt.

Die Rolle der Person Najim Laachraoui bleibt dagegen unklar und unbewiesen. Angeblich soll er sich in seiner Rolle als „Bombenhirn“ in Zaventem selbst in die Luft gesprengt haben – unwichtig genug, um sich zukünftig keinen weiteren Aufgaben aufgrund seiner angeblichen Fertigkeiten als Bombenbastler zur Verfügung zu stellen. Ob sein Abgang auf einer Selbsterkenntnis beruht haben mag, bleibt dahingestellt. Ob Abgang und Selbsterkenntnis tatsächlich erfolgt waren, ebenfalls.

 

 

Najim Laachraoui kann, sollte er verstorben sein, in Zukunft nicht mehr befragt werden. Befragt wurde er auch in der Vergangenheit nicht, zumindest seit dem Jahr 2010 nicht. Dessen ungeachtet, hatte eine belgische Staatsanwaltschaft ein äußerst merkwürdiges Verfahren angestrebt, welches kaum mit rechtsstaatlichen Prinzipien zu vereinbaren gewesen war.

Als Aufhänger diente der Prozess gegen Khalid Zerkani, der letztlich wegen der Leitung eines Dschihadisten-Netzwerkes und dem Rekrutieren von Kämpfern – angeblich für den so genannten „Islamischen Staat“ – zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden war.

http://www.bollwerk.co.at/2016/05/24/bruessel-maerz-2016-ein-kommentar-teil-9/

 

 

http://www.welt.de/politik/ausland/article153796833/Der-Emir-von-Molenbeek.html

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4967598/Emir-von-Molenbeek_15-Jahre-Haft-fur-JihadistenAnwerber

 

Im Zuge dessen war offenbar versucht worden, für tatsächliche oder vermeintliche Mitglieder seines „Netzwerkes“ ebenfalls eine Verurteilung zu erreichen. Zu diesen Leuten sollen neben Abdelhamid Abaaoud und anderen auch Najim Laachraoui gehört haben.

Das Thema war in den Medien allerdings kaum präsent gewesen. Hier und da konnten nur einzelne Meldungen oder Erwähnungen gefunden werden, die sich zum Teil sehr diffus darstellten. Niemand schien etwas genaues zu wissen.

Mit Bezug auf Laachraoui wurde zum Beispiel der wahrlich idiotische Vorwurf gemacht, dass er in Syrien „Ddschihadisten empfangen“ haben soll.

http://www.vol.at/bruessel-bomber-najim-laachraoui-von-der-katholischen-schule-in-den-jihad/4668994

 

Woanders soll es plötzlich Laachraoui selbst gewesen sein, der „Dschihadisten“ angeworben haben soll. In Syrien? Und mit welchen Mitteln? Die Sinnhaftigkeit wurde nicht in Frage gestellt, es wurde nur dummes Zeug nachgequatscht.

http://de.sputniknews.com/panorama/20160422/309407215/anschlag-flughafen-gefaengniswaerter-terrororganisation.html

 

Es wurde in diesem Zusammenhang behauptet, dass nach Laachraoui angeblich seit zwei Jahren „gefahndet“ worden sei und dass dieser als „IS-Terrorist“ sogar „berüchtigt“ gewesen wäre.

http://deredactie.be/cm/vrtnieuws.deutsch/nachrichten/1.2610655

 

Diese vermeintlichen „Informationen“ hatten ihren Ursprung in einer Meldung der französischen Nachrichten-Agentur AFP vom 29. Februar 2016, wonach ein Staatsanwalt für Laachraoui und die anderen Verdächtigen tatsächlich 15 Jahre Haft gefordert hatte – für das „Empfangen“ und „Rekrutieren“ von Jihadisten.

(Link zur AFP- Meldung leider nicht mehr verfügbar).

http://www.lalibre.be/actu/belgique/attentats-de-bruxelles-faut-il-rouvrir-le-proces-laachraoui-prevu-en-mai-56faca1635702a22d5dcd2b0

 

Ein Urteil, so war in einigen Artikeln zu lesen, wurde für Mai 2016 erwartet.

http://www.nytimes.com/2016/03/26/world/europe/najim-laachraoui-24-bomb-maker-for-paris-and-brussels-attacks.html?_r=0

Der Umstand, dass diese Meldung erst Ende Februar 2016 an die Öffentlichkeit gelangte und erst nach dem Attentat in Brüssel hier und da erwähnt wurde, erweckt gleichfalls kein Vertrauen. Es war augenscheinlich, dass die Staatsanwaltschaft gegen Laachraoui nichts in der Hand hatte – abgesehen von der angeblichen oder realen Anwerbung für eine Dschihad-Bewegung. Es wurde ausschließlich behauptet und unterstellt, um ein bestimmtes Bild zu zeichnen. Der Verbleib von Laachraoui war während des Verfahrens gegen Zerkani unbekannt gewesen, seine Handlungen ebenfalls. Beweise: keine. Laachraoui soll angeblich erst am 21. März identifiziert worden sein, um sich gleich am nächsten Tag umzubringen. Sogar die Anwerbung vom Frühjahr 2013 taugte als Argument nur bedingt, da der „IS“ zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Terrororganisation deklariert worden war. Ganz davon abgesehen, dass keine europäische Behörde den „Dschihadisten“ für ihre Einsätze gegen das von ihnen geächtete Syrien auch nur einen Stein in den Weg gelegt hätte.

Der Haftantrag auf pauschale 15 Jahre in Abwesenheit für Laachraoui mag medial beeindruckend gewesen sein, juristisch dagegen lächerlich und unglaubwürdig. Es hätte nicht einmal eine „IS“-Mitgliedschaft nachgewiesen können. Die Preisgabe von möglichen und zurückgehaltenen Informationen über Laachraoui, die einen Eindruck vermittelt hätten, dass dieser Mann die ganze Zeit auf dem Radar der Geheimdienste gewesen wäre, hätten sich natürlich als kontraproduktiv gezeigt.

 

 

Dennoch soll es zu einem Urteilsspruch gekommen sein, nicht nur gegenüber Najim Laachraoui,. Details wurden keine genannt. Auch im folgenden Artikel wird deutlich, dass alles nur von Vermutungen beherrscht war, aber nichts Konkretes genannt wurde:

http://www.nytimes.com/2016/04/12/world/europe/a-brussels-mentor-who-taught-gangster-islam-to-the-young-and-angry.html

Bei diese Verurteilung (in Abwesenheit) wurde ein Strafmaß von 5 Jahren Gefängnis ausgesprochen. Doch auf welcher Grundlage? Und warum wurden keine ähnlichen Verfahren gegen  s ä m t l i c h e  „Dschihadisten“ und Söldner angestrebt, die sich in Syrien „IS“, „Jabhat al-Nusra“ oder einer anderen Terrorformation angeschlossen hatten?

Das Messen mit zweierlei Maß hat nichts mit einem Rechtsstaat zu tun, sondern mit einer Farce. Womöglich mit einer Farce, die sich nur auf die Gruppe um Zarkani konzentriert hatte und die dazu gedient haben könnte, in Sachen Najim Laachraoui (und Abdelhamid Abaaoud) eine kleine „Cover-Story“ zu spinnen, um die Glaubwürdigkeit der späteren Angaben zu erhöhen. Doch erweist sich auch dieses Verfahren als ein einziges Nichts. Mit dem realen oder vermeintlichen Tod der Protagonisten würde nebenbei ein Berufungsverfahren, dieses Mal unter den Augen der Öffentlichkeit, praktischerweise entfallen.

http://www.hln.be/hln/nl/36484/Aanslagen-Brussel/article/detail/2694362/2016/05/03/Zelfmoordterrorist-Zaventem-krijgt-nog-vijf-jaar-cel.dhtml

Die Urteilsverkündung gegenüber Laachraoui im Mai 2016 entbehrte nicht einer gewissen Komik, soll der Mann doch bereits seit März verstorben sein. Doch habe, so wurde kolportiert, die Sterbeurkunde nicht vorgelegen. Hatte es mit der Identität ein Problem gegeben?

 

 

Mittwoch
06
Juli 2016
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