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Brüssel, März 2016 – Ein Kommentar. Teil 23.

 

Wie wir beobachtet haben, hatten die belgischen Sicherheitsbehörden etwas nachlässig nach dem „Mann mit dem Hut“ gesucht, was zu der geschürten Terrorhysterie nicht so recht zu passen schien. Gefunden hatten sie ihren eigenen Angaben nach (am 25. März, Freitagabend) eine Person mir dem Namen Faycal C. Dieser soll angeblich vom Taxifahrer erkannt worden sein, welcher die verdächtigen drei Männer am 22. März 2016 zum Flughafen Zaventem kutschiert haben soll.

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4954623/Belgische-Polizei-verhaftet-Mann-in-Weiss?direct=4954807&_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/4954807/index.do&selChannel=&from=articlemore

 

Diese Geschichte vom Taxitransport war allerdings reichlich dubios gewesen, wie wir bereits dargestellt hatten.

http://www.bollwerk.co.at/2016/04/30/bruessel-maerz-2016-ein-kommentar-teil-4/

 

Fakt ist, dass dieser Taxifahrer unbekannt, weil anonym geblieben ist. Wir wissen nicht einmal, ob er existiert hatte, und wenn doch, in welcher Rolle. Wolle man der behördlichen Erzählung folgen, so müsse die Polizei dem Taxifahrer mehrere Männer sowie Faycal C. zur Identifizierung vorgeführt haben.

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-03/terroranschlaege-belgien-polizei-suche-terroristen-verdaechtige-hintermaenner

 

Der Taxifahrer soll leider mit Faycal C. den falschen Mann „erkannt“ haben, was nicht unbedingt für die Wahrnehmung des unbekannten Taxifahrer sprach. Laut dem Anwalt von C. habe die Polizei allerdings zuvor dem Taxifahrer Fotos von C. gezeigt und ihn somit beeinflusst. Und weiter, dass Faycal C. ein Alibi habe. Das war die Sicht des Anwalts, während es von den Behörden keine Darstellung gab, sondern nur die Freilassung von C. am Montag, dem 28. März.

http://www.rtl.be/info/belgique/faits-divers/attentats-a-bruxelles-faycal-cheffou-libere-son-avocat-explique-pourquoi-806011.aspx

http://www.pressreader.com/austria/der-standard/20160329/281573764828542

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4955888/Nach-BrusselTerror_Jihadisten-werben-wieder-in-Molenbeek-

http://www.hln.be/hln/nl/957/Binnenland/article/detail/2666419/2016/04/05/Faycal-C-niet-de-man-met-het-hoedje-spreekt-Moest-in-cel-om-volk-te-sussen.dhtml

 

Faycal  C - quelle photo news

Faycal C., Quelle: photo news / HLN.BE). 

 

Der Bürgermeister von Brüssel war darüber nicht begeistert gewesen, weil er in Faycal C. einen Aufwiegler in der Islamistenszene sah. Er hätte ihn gerne im Gefängnis gesehen.

http://www.bfmtv.com/international/le-maire-de-bruxelles-regrette-la-remise-en-liberte-de-faycal-cheffou-962634.html

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4955058/Belgien_Terrorverdaechtiger-weiterhin-auf-der-Flucht

http://derstandard.at/2000033819364/Fahndung-nach-dem-Mann-mit-Hut-geht-weiter

 

Vielleicht hatte das Geschehen um Faycal C. auch nur dazu gedient, die polizeilichen Bemühungen in der Öffentlichkeit darzustellen und gleichzeitig diesen lästigen Mann zu traktieren. Vielleicht aber auch, um die Existenz des angeblichen Taxifahrers zu belegen. Wir wissen es nicht.

 

Wie auch immer. Nur einen Tag nach der recht sinnlosen Veröffentlichung des zweiten Fahndungsgesuchs via den Medien, wurde am Freitag, den 8. April, ein richtiger Fahndungserfolg der belgischen Polizei bekannt gegeben. Es soll gelungen sein, neben vier weiteren Männern einen gewissen Mohamed Abrini zu fassen.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/bruessel-mohamed-abrini-festgenommen-a-1086303.html

 

Bei Abrini handelt es sich um ein eher kleines Licht aus dem Brüsseler Milieu. Auch er war wegen verschiedener Drogen- und Eigentumsdelikte vorbestraft, das heißt, die Polizei und die Justiz kannten ihn. Auch bei ihm ist nichts von einem realen islamistischen Hintergrund bekannt.

 

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Mohamed Abrini. (Quelle: Polizei). 

 

Mohamed Abrini war von den Sicherheitsbehörden unter Terrorverdacht gestellt worden, weil er als mutmaßlicher Mittäter bei den Pariser Anschlägen von November 2015 angesehen wurde. Allerdings beruhte dieser Verdacht nur auf ein Indiz.

Überwachungskameras einer Tankstelle in der Ortschaft Ressons-sur-Matz hätten Abrini zusammen mit Salah Abdeslam am 11. November 2011 aufgezeichnet. Screenshots zeigten beide Männer vor dem Gebäude, während ihr Fahrzeug aufgetankt wurde, und auch innerhalb des Shops. Das Fahrzeug, ein schwarzer Renault Clio, soll laut Polizei zwei Tage später, am 13. November, bei den Anschlägen in Paris verwendet worden sein.

 

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Die Polizei hatte die Bilder der Tankstellen-Überwachungskameras – ohne Zeitsignaturen – am 24. November 2015 veröffentlicht. Wie die Behörden auf dieses Band gekommen sein sollen, wurde nur im französischen Sprachraum erwähnt.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/anschlaege-in-paris-polizei-fahndet-nach-verdaechtigem-mohamed-abrini-a-1064411.html

http://www.rtl.be/info/monde/international/mohamed-abrini-a-ete-vu-avec-salah-abdeslam-la-belgique-lance-un-avis-de-recherche-international-773654.aspx

 

Nach dieser Erklärung soll Salah Abdeslam in der Tankstelle nicht bar gezahlt haben, sondern mit einer Bankkarte. Und deswegen habe sich seine Spur zu eben dieser Tankstelle zurückverfolgen lassen.

http://www.7sur7.be/7s7/fr/35522/Attaques-en-serie-a-Paris/article/detail/2536262/2015/11/25/Qui-est-Mohamed-Abrini-le-complice-presume-de-Salah.dhtml

 

Man mag hier an eine weitere Dummheit des Abdeslam glauben, der nie begriffen zu haben schien, was Konspiration beinhaltet. Eine andere Sicht ist die, dass Abdeslam abermals für die Polizei eine Spur gelegt hatte, die nur noch aufgegriffen werden musste.

 

Mohamed Abrini hatte vor den obigen Fotos keine Rolle gespielt. Dieses Überwachungsband von einer Tankstelle war die einzige Verbindung zu einer Person, Abdeslam, der als Mittäter der Pariser Anschläge verdächtigt wurde. Diese eine Aufzeichung hatte Abrini als ebenfalls verdächtig erscheinen lassen, was auch erst einmal logisch gewesen sein mochte.

 

Aber als Beweis für eine Mittäterschaft taugte die Aufzeichnung genau gar nichts. Die großartig herausgestellte Angabe der Polizei, dass sie in dem Wagen aka Tatfahrzeug seine Fingerabdrücke und DNA-Spuren festgestellt hätten, um ihn, Abrini, als Mittäter zu deklarieren, erwies sich sogar als unvorhergesehener (oder geplanter) Querschläger. Denn das Überwachungsband bewies schließlich die Benutzung des Clios, allerdings zwei Tage zuvor.

Mit anderen Worten: es fehlte jeglicher Beweis für eine Verwendung des Fahrzeuges durch Abrini am Tag der Anschläge.

Außerdem wäre es unglaublich dämlich gewesen, am Anschlagtag ein Fahrzeug zu verwenden und stehen zu lassen, worin er seine der Polizei bekannte Visitenkarte (DNA, Fingerprints) hinterlassen haben musste. Das Überwachungsband trug somit in gewisser Hinsicht zu seiner Entlastung bei, wenn auch nicht gänzlich. Der Clio mochte als Tatfahrzeug von Abrini beschafft worden sein, wenn auch der Nachweis seiner direkten Beteiligung an den Anschlägen nicht vorhanden war.

Die Familie von Abrini behauptete, dass Mohamed am 12. November wieder zurück in Brüssel gewesen und dort geblieben sei. Am 13. November habe er dort zusammen mit seiner Verlobten einen Mietvertrag für eine Wohnung unterschrieben.

Diese Angaben sind glaubhaft, weil es für die Vorgänge mehrere Zeugen gegeben haben muss und diese Geschichte auch nicht weiter verfolgt wurde. Nebenbei zeigte es auch an, dass Abrini offensichtlich mit seinem Leben etwas anzufangen gedachte.

http://derstandard.at/2000026509084/Familie-von-gesuchtem-Mohamed-Abrini-spricht-von-Alibi

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4951810/Terror_Das-frankobelgische-Netzwerk-des-Salah-Abdeslam

 

 

Mittwoch
07
September 2016
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