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Paris, Januar 2015. Teil 27.

 

 

Nach den Attentaten II.

 

Über Amedy Coulibaly wurde nach dessen Tod ein wenig mehr berichtet, aber waren diese Informationen wirklich ergiebig?
In der österreichischen Presselandschaft kam nicht mehr viel, weswegen hier auch auf einige deutsche Medien zurückgegriffen werden soll. Die Informationen entstanden weniger durch eigene Recherchen, als durch in Anspruchnahme der Quellen von französischen Medien und natürlich den französischen Sicherheitsbehörden.
In einer Meldung wurde wenig konkret über einen Waffenfund in der Wohnung von Coulibaly berichtet. Diese Information ist allerdings geradezu banal und dazu bedeutungslos, weil in jedem dritten Haushalt eine Waffe zu finden wäre.
Die vom SPIEGEL etwas reißerisch aufbereitete Meldung, dass Coulibaly eine Schutzweste aus deutscher Produktion getragen habe, ist ebenso bedeutungslos. Er hätte auch eine Weste aus US-Produktion tragen können, welche ebenfalls jeder gebraucht erwerben könnte. Wäre dies auch interessant gewesen?

http://www.spiegel.de/politik/ausland/terror-in-paris-coulibaly-hatte-schusssichere-weste-aus-deutschland-a-1014464.html

 

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Coulibaly mit besagter deutscher Schutzweste, die in Montrouge schwarz gewesen sein soll.

 

Interessanter ist hier, was nicht berichtet wurde. Irgendetwas über Funde in seiner Wohnung oder sonstwo, die ganz konkret mit den Fällen zu tun haben könnten und somit eine Bedeutung hätten? Fehlanzeige.
Das führt uns zu der Frage, was die Polizei eigentlich zur Fahndung des von ihnen selbst medial positionierten Coulibaly unternommen hatte. Wir erinnern uns: Coulibaly war spätestens 11 Uhr am 9. Jänner 2015 als „Terrorist“ bzw. Attentäter veröffentlicht worden, noch vor dem Hyper-Cacher-Drama. Das bedeutet, dass – theoretisch wie vermeintlich – die Fahndung nach diesem Mann bereits voll in Gange gewesen sein sollte. Neben sämtlichen Überwachungsmöglichkeiten und Spitzelorganen wäre sicherlich als erstes ein Besuch in seiner Wohnung in Frage gekommen. Und zwar noch vor dem Hyper-Cacher-Drama.

 

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Aber auch hier: keine Informationen über Tätigkeiten, keine „Funde“, einfach nichts. Wieder existiert an einer Stelle ein Informationsloch, wo es besonders wichtig gewesen wäre. Vor allem in Anbetracht der nachfolgenden Ereignisse. Dass es sich hierbei ebenfalls um keinen „Zufall“ handeln dürfte, belegen die Behörden selbst mit der ansonsten schnellstmöglichsten Herausgabe von „Funden“, „Infos“ oder ganzen „Dossiers“. Das sind dann jene, die zur offiziellen Geschichte „passen“ oder „stimmig“ scheinen – um Stimmung zu machen.
Die noch vor den Ereignissen im „Hyper Cacher“ öffentliche Zurschaustellung Coulibalys als angeblichen Täter von Montrouge hätte somit die Wirkung eines Querschlägers für die französischen Behörden.

Die Meldung, dass Coulibaly am 8. Jänner einen Anschlag auf die jüdische Schule „Yaguel Yacoov“ in Montrouge geplant haben könnte, ist ohne irgendeinen Beweis nichts weiter als Geschwätz. (Von der Fragwürdigkeit des Geschehens in Montrouge abgesehen). Könnte, hätte, vielleicht.

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4636747/Frankreich_Hollande-ordnet-Einsatz-von-10000-Soldaten-an

 

Die Aufnahme eines Kredites über 6.000,- Euro im Dezember 2014 durch Coulibaly besitzt ebenso wenig einen Informationswert wie ein Aufenthalt desselben Mannes in Madrid zu Silvester. Geradezu dümmlich die „Sensationsmeldung“, Coulibaly habe Kontakte nach Holland gehabt.
Das soll ein US-Ermittler gesagt haben, der was genau mit dieser Geschichte zu tun hatte? Zahllose Kiffer haben Kontakte nach Holland, aber was besagt dies? Wir haben Kontakte unter anderem nach Deutschland. Für uns ist dies normal.

http://derstandard.at/2000010442252/Pariser-Attentaeter-vor-Anschlag-in-Madrid

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4638430/Terror-in-Paris_AlQaida-bekennt-sich

 

Die einzige medial verbreitete „Information“ mit einem gewissen inhaltlichen Wert war jene vom 15. Januar 2015, dass Coulibaly zusammen mit seiner Freundin Hayat Boumeddiene irgendwann vorher in Brüssel gewesen sein soll, um eine Waffe zu kaufen. Es hieß, dass die Frau ein Auto verkaufen wollte oder musste, während Coulibaly sich wiederum eine „Wumme“ leisten konnte. Oder so ähnlich. Es wurden Versionen verbreitet, die einerseits von einem Tausch sprachen, andererseits von separaten Geschäften.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/terror-in-paris-coulibaly-hatte-schusssichere-weste-aus-deutschland-a-1014464.html

http://www.spiegel.de/politik/ausland/terror-in-paris-die-waffen-der-attentaeter-a-1013134.html

 

Wie es wirklich gewesen sein könnte, spielt ohnehin keine Rolle. Einen Waffenankauf mit einem Autoverkauf zu verbinden, zeugt weder von Anonymität noch von einem Erreichen der geistigen Grundschulreife. Ein Waffenkauf im Ausland, um diese womöglich per Bahn über die Grenze zu bringen, muss einer äußerst risikofreudigen Idee entsprungen zu sein. Und das auch noch ausgerechnet in Brüssel, dem Hauptquartier von NATO, EU und zahlloser Geheimdienste.

Diese Geschichte ist derartig dummdreist, dass die uns erzählte Erkenntnisgewinnung dem in nichts nachsteht. Nicht die Polizei oder sonstwer habe diese angebliche Aktivität von Coulibaly/Boumeddiene erforscht, nein, der Waffenverkäufer selbst habe gestanden und sich selbst angezeigt. Wie nett von ihm. Dank ihm konnte auch das Fabrikat in Erfahrung gebracht und benannt werden, jedenfalls für uns, die Zuschauer das draußen: eine Tokarev soll es gewesen sein. Eine Überraschung ist das lange nicht mehr.

Die österreichische Gazette PRESSE dazu über die eifrigen „Ermittler“ der Polizei:

„Die französischen und belgischen Ermittler untersuchten daraufhin, ob auch andere Waffen der Pariser Anschläge aus Belgien stammen.“

Woher diese oder jene Waffen stammen, ist allerdings zweitrangig. Wer verkauft hat ist die entscheidene Frage. Eine, die übrigens auch nicht beantwortet wurde.

 

Es lohnt sich nicht mehr, in die Köpfe der copy&paste-Schreiberlinge der Massenmedien hineinzuschauen, die jeden ihnen vorgelegten Stoff ohne der Spur einer eigenen Idee verbreiten. Legale Waffe? Illegale und nicht registrierte Waffe? Und wo sollte sich die Motivation eines Geständnisses für den einen erwähnten Waffenverkäufer befunden haben, da er sich selbst einer Strafverfolgung aussetzen würde. Wo befindet sich der Sinn in einer Geschichte, die für Behörden ohnehin unglaublich leicht zu erfassen wären?

 

257_001Kalaschnikov, Deko.

 

Die von den französischen Sicherheitsbehörden kolportierte Meldung, dass es sich bei den Kalaschnikovs der Täter um ehemalige Dekorationswaffen, echt aber entschärft, handeln würde, hat auch etwas für sich. Inwieweit sich ein Rückbau bewerkstelligen ließe, ohne dass die Waffe in der weiteren Funktion doch etwas eingeschränkt oder labil zu werden droht, sei hier dahingestellt. Warum und von wem diese Deko-Waffen unter der ungenauen Angabe „vor Jahren“ und wiederum ausgerechnet in Brüssel eingekauft worden sein sollen, bleibt ein Geheimnis der Polizei. Vielleicht passte der Kaufbeleg nicht mit dem Knastaufenthalt mit der vermeintlichen Käufer zusammen? Wer weiß das schon.

 

 

Dienstag
02
Juni 2015
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